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Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte Fayence

Fayence

Über die Sammlung

Zur Technik der Fayence
Fayencen sind weißglasierte Tonwaren mit blauer oder polychromer Bemalung. Der Name stammt von der italienischen Stadt Faenza, die in der Frühen Neuzeit eine der einflussreichsten Produktionsstätten der ursprünglich aus dem Nahen Osten nach Europa importierten feinen Gefäße war. Für die nordalpine Produktion spielten die Niederlande mit ihrer Verbindung nach China eine entscheidende Rolle. Dutzende von Manufakturen wurden im letzten Viertel des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum nach niederländischen Vorbildern gegründet. Im Zuge der Einrichtung von Porzellan- und Steingutmanufakturen im ausgehenden 18. Jahrhundert war die kurze Blütezeit der europäischen Fayence bereits Geschichte.

Potsdamer Fayencen
1739 erhielt der bei Cornelius Funcke in Berlin ausgebildete Fayence-Bäcker Christian Rewendt von König Friedrich Wilhelm I. das Haus Nauener Str. 7 (heute Friedrich-Ebert-Str. 90) zur Eröffnung einer Fayence-Manufaktur. Der Manufaktur unter der Leitung Rewendts war kein großer Erfolg gegönnt. Die Konkurrenz der Betriebe aus dem Umland war groß, und in regelmäßigen Abständen musste Rewendt sich gegen Händler zur Wehr setzen, die „fremde“ Ware auf den Potsdamer Märkten feilboten. Nach Privileg war dies allein Rewendt in Potsdam gestattet. Um dies zu kontrollieren, sollten die Gefäße auf dem Boden mit einer Marke versehen werden. Im Falle Rewendts handelte es sich um P/R, sein Nachfolger Constantin Sartori nutzte ein P. Ein Großteil der erhaltenen Gefäße ist jedoch nicht bezeichnet. Auch dies hatte wirtschaftliche Gründe, macht eine konkrete Zuschreibung heute jedoch teilweise unmöglich. Ungemarkte Ware konnte inoffiziell auch in umliegenden Orten verkauft werden – das Risiko entdeckt zu werden gehörte zum Geschäft. Form und Dekor der Potsdamer Fayencen ähneln den in Berlin, Erfurt, Magdeburg, Zerbst, Rheinsberg und teilweise selbst den an sächsischen Standorten hergestellten Produkten; nachweislich beliebte Motive wurden kopiert und je nach Bedarf und Fähigkeit der Maler/innen verwandelt.
1775 erwarb der aus Charlottenburg stammende Stuckateur Constantin Sartori die Potsdamer Manufaktur. Bis in das Jahr 1800 hinein stellte er hier Fayencen her, um seinen Betrieb schließlich an die Steingutfabrikateure von Eckardtstein zu verkaufen.

Die Sammlung des Potsdam Museums umfasst hauptsächlich regional hergestellte Fayencen und einen umfangreichen Bestand Delfter Fayence. Ein Teil der märkischen Fayencen stammt aus der Sammlung von Dr. Paul Heiland oder wurde im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts von ihm für das Museum erworben. Delfter Fayence gelangte als sogenannte „Übernahme“ ins Museum. Eine geschätzte Nachbarin Heilands war Lina Friedrichs, Ehefrau des Fabrikanten und Kommerzienrats Dr. h. c. Heinrich Theodor Friedrichs (gest. 1921), der die Seidenfabrik der Familie Heiland in der Behlertstraße erworben hatte. Lina Friedrichs sammelte Fayencen und Zinngefäße. 1942 wurde die Potsdamerin jüdischen Glaubens in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo sie wenige Monate später verstarb. Vor ihrer Deportation gelang es ihr, ihr wertvolles Sammlungsgut in der mittlerweile an die nächste Generation verkauften Fabrik einzulagern. Mitte der 1950er Jahre erst wurden die Kisten aufgefunden und dem damaligen Heimatmuseum Potsdam ohne konkrete Informationen über die tatsächliche Herkunft übergeben. Die kulturgeschichtlichen Objekte wurden als „Übernahme“ inventarisiert und verblieben im Bestand des Museums. 2008 wurden sie an die Nachfahren von Lina Friedrichs restituiert, die bereits seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vergeblich versucht hatten, ihr Eigentum wiederzuerlangen. Die Familie entschloss sich zu einer großzügigen Schenkung von knapp 90 Fayencen und Zinngefäßen an das Potsdam Museum (siehe dazu Deinert, Indiziengestützte Detektivarbeit, 2016).

In den Texten ist die verwendete Literatur abgekürzt zitiert, allein die Publikationen der jeweiligen Objekte sind in den Einträgen vollständig aufgeführt. Die ausführliche Literaturliste und ein Glossar finden Sie hier: https://brandenburg.museum-digital.de/object/65004.

Die Texte sind dem Andenken von Karola Paepke (1936–2008) gewidmet. Mit großer Hingabe und klugem Blick widmete sie sich in ihrer Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bezirksheimatmuseums Potsdam der Erforschung und musealen Präsentation der Fayence-Sammlung.

Diese Sammlung ist Teil von

Angewandte Kunst [357]

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