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Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte Ausstattungen

Ausstattungen

Reinhold Mohr sah sich nie nur als Architekt, sondern vertrat stets einen universellen Anspruch, der sich nicht nur auf die Hülle eines Baues bezog, sondern auch auf dessen Ausstattung. Insofern vereinte er in sich den Architekten, Designer und Künstler mit den Ideen des Deutschen Werkbunds. Es war für ihn selbstverständlich, neben Architektur auch Möbel, Tapeten und Öfen zu entwerfen. Zu seinen besten Arbeiten zählen u.a. die Ausstattungen der Villa Gutmann und des Städtischen Krankenhauses.

[ 4 Objekte ]

Tapetendesign "Muster für Lincrustatapeten"

Der Name für den Kunststoff „Lincrusta“ beinhaltet die lateinischen Worte „linum“ für Leinen und „crusta“ für harte Schale. Entwickelt hat das vorrangig für Wandverkleidungen gedachte, strapazierfähige und wasserfeste Material der englische Chemiker und Erfinder des Linoleums, Frederick Walton (1834-1928) im Jahr 1877. Lincrusta besteht hauptsächlich aus dem auch für Linoleum verwendeten Grundstoff Linoxin (oxidiertes Leinöl) und weiteren Zusatzstoffen wie Kolophonium und Holzmehl. Die Masse wird in heißem Zustand mittels Prägewalzen auf festes Papier oder ein Gewebe aus Jute bzw. Baumwolle aufgetragen und mit Farben, mitunter auch Blattgold beschichtet. Lincrustatapeten wurden ab 1884 auch in Deutschland produziert. In Potsdam kamen sie u.a. bei der Ausstattung des neuen Regierungsgebäudes (Stadthaus) zur Anwendung. Mohr entwarf während seines Studiums an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart Muster für Lincrustatapeten, um sich damit nach eigener Aussage „Taschengeld“ zu verdienen. [Thomas Sander] Blattangaben: o.: Muster für Lincrustatapeten. Ausgeführt. / 1905 R Mohr.; u.m.: M 0 1:5.

Entwurf für "Einheitsmöbel"

Einheitsmöbel sind zwar nicht klar definiert, doch lassen sie sich am ehesten beschreiben als seriell hergestellt, zweckmäßig, platzsparend und vor allem preiswert. Sie entstanden im Zuge der industriellen Massenherstellung durch Reformbewegungen wie dem Deutschen Werkbund. Nach dem Prinzip „Form folgt Funktion“ ging es dabei um eine neue Warenästhetik für die kunstgewerbliche Industrieproduktion in möglichst radikaler Abkehr von jeder überladenen Ornamentik. Ab 1918 steigerte sich der Absatz von Einheitsmöbeln auch in Deutschland, denn nun waren massenhaft kleinere Wohnungen u.a. in den überall entstehenden Genossenschaftssiedlungen auszustatten. Deren Mieter verfügten zumeist weder über Geld noch Platz für ausladende Buffets und plüschbezogene Sitzgarnituren. Mohrs Möbelentwürfe sind noch sehr geprägt von den kunsthandwerklichen Reformbestrebungen der Vorkriegszeit und weit entfernt von jenen „Baukastenmöbeln“, wie sie ab Mitte der 1920er Jahre im Dessauer Bauhaus entwickelt wurden. [Thomas Sander] Blattangaben: m.r.: Wohnzimmer / Einheitsmöbel entworfen u. / ausgeführt 15 Wohnungen u. von / der Stadt verkauft. / (siehe Photos) R. Mohr 1918.

Wohnzimmer mit von Reinhold Mohr entworfenen Möbeln

Laut eigener Aussage entwarf Reinhold Mohr nach dem I. Weltkrieg Einheitsmöbel, nach denen „15 Zimmereinrichtungen (…) ausgeführt und von der Stadt verkauft“ wurden. Dies sei „zur Linderung der 1918 bestehenden Not“ geschehen. In der Tat finden sich die hier gezeigten Möbel auf einem seiner Entwürfe wieder (vgl. AT-2015-60); dies waren aber nicht seine ersten. Als Mohr mit seiner Verlobten im Sommer 1911 nach Potsdam kam, um hier eine Stelle im Stadtbauamt anzutreten, bezog er am Wildpark eine Dreizimmerwohnung. „Für diese Wohnung“, erinnerte er sich später, „entwarf ich unsere Möbel, die dann nach meiner Ausschreibung hierfür – der Auftrag fiel auf die Fa. Herzog in Berlin, die das billigste Angebot machte – in ausgezeichneter Qualität auch geliefert wurden“. Das nötige Rüstzeug dafür erwarb Mohr vor allem während seines Studiums an der Kunstgewerbeschule in Stuttgart, wo seit 1903 auch der bekannte Jugendstilmaler, Architekt und Möbeldesigner Bernhard Pankok (1872-1943) lehrte. [Thomas Sander]

Skizze zu einem Nähmaschinentisch

Dieses in seiner Form recht expressiv anmutende Multifunktionsmöbel offenbart zweierlei: Zum einen, dass Mohr nie nur Architekt war, sondern ebenso Designer und Konstrukteur. Beeinflusst wurde er darin auch von den Universalbegabungen im Umfeld des 1907 gegründeten Deutschen Werkbundes, etwa Henry van de Velde (1863-1957), Joseph Maria Olbrich (1867-1908) und Peter Behrens (1868-1940). Zum anderen aber zeigt der Entwurf einen gewissen Konservatismus, der wohl nicht nur auf Vorlieben seiner Auftraggeber beruhte. Die abgeschrägten Ecken, profilierten Kanten und die balusterartigen Füße erinnern noch sehr an Reformmöbel aus der Zeit vor dem I. Weltkrieg. Ausgeführt hat diesen kombinierten Schreib- und Nähtisch die damals in der Charlottenstraße ansässige Möbelwerkstatt von Hermann Rose. Das Potsdam Museum besitzt noch eine Zeichnung Mohrs, die den Tisch mit geöffneten Schubladen zeigt. Dort ist zu erkennen, dass sich unter einer Klappe im rechten Teil die versenkbare Nähmaschine befand. [Thomas Sander] Blattangaben: o: Skizze zu einem Schreibtisch, Näh- u. Nähmaschinentisch für eine elektrische Nähmaschine.; u.l.: für Ferch.; darunter: Auf vielseitigem Wunsch einer Dame bitte ich die Fächer aufschließbar zu machen. / Mit herzlichsten Grüßen! Ihre Hachfelds.

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