Das Gemälde zeigt nahsichtig einige Mohnblüten mit gelben Tupfern, vielleicht von Habichtskraut. Dahinter einen breiten Schilfgürtel, im Hintergrund die Wasserfläche der Havel, die silbrig schimmert und kaum vom Grau des Himmels zu unterscheiden ist. Neben Rot und Gelb im Vordergrund bestimmt der Farbklang von Silbergrau und Grün das Gemälde, das einen bedeckten Sommertag reflektiert. Das Gemälde gehört in das Spätwerk des Landschaftsmalers Karl Hagemeister (1848-1933), in welchem er zunehmend abstrahiert und mit breitem Pinsel, auch Handballen, rasch und energiegeladen vor allem gern bei windigen Wetter malte, denn die meisten seiner Gemälde sind Freilichtmalerei.
Wenn auch der serielle Charakter solcher Gemälde unverkennbar ist, steckt in jedem von ihnen die Persönlichkeit des Malers, der über sein Naturverhältnis in seinen Tagebüchern schrieb: "Wenn ich in die Natur hinausgehe, und es sei auch an eine Stelle, die ich ganz genau kenne, so bin ich gar nicht imstande, mich sofort hinzusetzen und zu malen. Ich muß vielmehr längere Zeit still die Umgebung auf mich wirken lassen und mich ganz mit der Stimmung durchsättigen (...). Wenn ich dann den Grundton eingesogen habe, so bringe ich ihn als beherrschenden Farbakkord auf die Leinwand. Und diese Grundierung bleibt die Dominante, auf der das ganze Bild aufgebaut wird. (...) aus diesem großen Stimmungston [entstehen] alle anderen Dinge in ihren besonderen Tönen. Auf diese Art und Weise wurde das Kolorit meiner Bilder organisch und nicht bloß geschmackvoll zusammengestimmt. Bei dieser Darstellungsart blieb ich nun mein Leben lang, ob große oder kleine Bilder entstanden (...)". (zitiert nach Warmt, S. 29)
Das Gemälde ist bezeichnet rechts unten mit brauner Farbe "KHagemeister." Die Rückseite der Leinwand weist von dem Grün der Vorderseite einige Spuren auf. Der Spannrahmen ist rückseitig eigenhändig vom Künstler bezeichnet "Fräulein Spinde / von Prof. Hagemeister". Martha Spinde war die Haushälterin von Karl Hagemeister, die ihn in Zeiten seiner Krankheit betreute. Als Karl Hagemeister in der Inflation 1923 sein Vermögen verlor, konnte er ihre Dienste mitunter nicht bezahlen und entlohnte sie mehrmals mit Gemälden. (ib)
Das Gemälde wurde 1947 aus Privatbesitz in Berlin-Lichterfelde angekauft.
Literatur:
Warmt, Hendrikje: Karl Hagemeister. In Reflexion der Stille, Berlin-Brandenburg 2016, S. 413, G 367 m. Abb. s. 413 (= Warmt G 367). - Karl Hagemeister. Zum 160. Geburtstag. Werke des märkischen Künstlers aus dem Bestand des Stadtmuseums Brandenburg an der Havel, hrsg. von Heike Köhler, Brandenburg 2008, Abb. 18.