Die Heuernte ist ein beliebtes Motiv der Genremalerei der Münchener Schule, die auch der Hamburger Maler Hermann Kauffmann (1808-1889) aufgreift. Nach der Ausbildung ging er in seine Heimatstadt Hamburg zurück und gab seinen Motiven die strahlenden Himmel mit Wolkenbergen der Küste und die Beobachtungen seiner Umgebung mit den kühleren Farbtönen. Der alte Titel "bayerische Heuernte" wurde deshalb in den Titel "Heuernte vor herannahendem Sturm" geändert.
Der Maler war zu Lebzeiten sehr geschätzt. Auf dem hier vorliegenden figurenreichen Bild ist der Heuwagen im rechten, der Ausblick auf das Dorf als dem Ziel der gleich beginnenden Fahrt im linken Bilddrittel komponiert. Der herannahende Sturm ist durch die dunklen Wolken rechts, aber auch durch den Hut, der dem Jungen auf dem Heuwagen vom Kopf fliegt, ausgedrückt. Noch lagert eine Familie links vorn, die Mutter stillt das Kleinste. Der Mann aber zieht sich bereits die Jacke an, Zeichen des bevorstehenden Aufbruchs. Die Ausfühung ist brilliant, störend ist die Formatveränderung und die nur aus Untermalung bestehende Bildkante unten. Die Leinwand hatte mehrere Defekte, die in einer größeren Restaurierung sorgfältig beseitigt wurden. Rückseitig sind deren Verklebungen erkennbar, ein altes Klebeetikett der Wredowschen Kunstsammlung findet sich ebenfalls rückseitig auf dem Keilrahmen. Eine Reinigung und Restaurierung erfolgte 1984, das Bild ist gefirnisst und in gutem Zustand.
Das Bild ist rechts unten eigenhändig bezeichnet "Herm. Kauffmann". (ib)
Aus der Wredowschen Zeichenschule und Kunstsammlung.
Literatur:
Vgl. Münchner Maler im 19. Jahrhundert, Bd. 2, München 1982, S. 275-277 (mit Abbildungsbeispielen). - Boetticher, Friedrich von: Malerwerke des Neuzehnten Jahrhunderts, Bd. 1 (2. Hälfte), Dresden 1891-1907 [Nachdruck 1979], S. 680-682 (mit zeitgenössisch erwähnten Werken, darunter auch Motive der Heuernte vertreten). - Hamburgisches Künstler-Lexikon, bearb. von einem Ausschusse des Vereins für Hamburge Geschichte, Bd. 1 Die bildenden künstler, Hamburg 1854, S. 125-126 (wichtig als zeitgenössische biographische Quelle, die auch seinen Fleiß und die deutschlandweite Anerkennung hervorhebt).