Gegenüber dem Einzelporträt des früheren Oberbürgermeisters Max Herm (1899-1982) wendet sich dieser auf dem hier vorliegenden Doppelporträt mit seiner Frau Minna [auch Mia] Herm (1906-1993) zu, so dass sein Gesicht im Profil zu sehen ist. Während er an einem Tisch mit undeutlich angeordneten Dingen vor ihm sitzt, ist sie von hinten zu ihm herangetreten, legt ihm die Hand auf die Schulter und beugt sich ihm zu. Der Innenraum bleibt undeutlich, es handelt es sich um wohl private Wohnräume mit einem Kachelofen im Hintergrund. Diese erzählerische Geste des Miteinanders wählte der Künstler für dieses wichtige Politiker-Ehepaar in Brandenburg an der Havel, die als Kommunisten in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt waren und die nach 1945 wichtige politische Ämter innehatten. Minna Herm war 1946 eine der ersten weiblichen Landtagsabgeordneten des bis zur Bezirksbildung 1952 existierenden Landes Brandenburg und auch Stadtverordnete. Das mit raschen Pinselstrichen hingeworfene Porträt wirkt wie eine in den Gesichtern nicht ganz fertige Studie, vielleicht war sie Vorarbeit für ein geplantes oder nicht mehr bekanntes offizielles Bildnis. Auf den offiziellen Charakter verweisen der Schreibtisch, die Kleidung, das große Format und auch die etwas gestellt wirkende Zuwendung der beiden Ehepartner. Mehrere ähnliche Fotos des Paares dem Nachlass Mia Herms befinden sich in der Fotosammlung des Stadtmuseums und deuten darauf, dass das Gemälde nach einem solchen gefertigt wurde.
Der Maler Günter Wermbter (1943-2003) hatte sich nach Ausbildung als Schlosser und einem Studium an der Arbeiter- und Bauernfakultät (ABF), an das sich 1963-1969 ein Abendschul- und dann eine Hochschulstudium anschlossen, in Brandenburg an der Havel als freischaffender Maler niedergelassen. Er war als Porträt- und Landschaftsmaler und auch als Comiczeichner und Sportlehrer in der Stadt tätig.
Das Gemälde ist also ein Werk aus seinen ersten Jahren in Brandenburg an der Havel, es ist rechts unten signiert und datiert "Wermbter 72", der Spannrahmen mit mehreren Querleisten ist wohl zeitgenössisch von einer schlichten grau gefärbten Leiste gerahmt. (ib)
Das Gemälde gelangte 2009 als Ankauf aus dem Nachlass des Künstlers in die Museumssammlung.
Literatur:
https://sonderausstellung.stadtmuseum-brandenburg.de/uebersicht/deutsche-demokratische-republik/familie-herm.html (über Max, Minna und den gemeinsamen Sohn Günter Herm). - Enders, Rainer/Holtmann, Wulff (Hg. im Auftrag der Stadt Brandenburg (Havel): stattbekannt. 150 Jahre Brandenburg in Bildern, Brandenburg 2015, S. 164 (über Günter Wermbter).