Dargestellt ist mit Freude an der Lichtführung ein Ausschnitt eines Kircheninneren. Durch das große Fenster fällt Licht ein, das links eine rote Fahne erleuchtet. Auf Stühlen im Halbkreis hat eine Gemeinde meist älterer Männer und Frauen Platz genommen, hinter ihnen stehen auch weitere, alle mit Gesangbüchern in der Hand. Ganz rechts im Bild ist ein uniformierter Deutscher, den Stahlhelm in der Hand hinzugetreten und charakterisiert damit den Zweck der Szene, Gebet und Gesang für den deutschen Sieg auf dem Felde. Die Bezeichung "Im Westen" verlegt das Motiv an die Westfront, vielleicht in Belgien oder Nordfrankreich. Die rot erleuchtete Fahne steht damit für Patriotismus oder auch für zu beklagende Opfer.
Der vielseitige Genre- und Porträtmaler Walter Miehe (1883-1972) ist ein Schüler von Arthur Kampf und mit Szenen aus dem nächtlichen Berlin, Bällen, Theater- und Tanzereignissen ebenso wie mit Akten und Porträts und vereinzelt auch Landschaften hervorgetreten. Über seine Tätigkeit während des Ersten Weltkrieges gibt es keine Kenntnis, er könnte bei Kriegsbeginn mit 31 Jahren zu den Kriegsbegeisterten gehört haben, der an der Westfront eine Malerei in der Art eines Kriegsreporters entfaltete.
Das Gemälde ist rechts unten bezeichnet und signiert "Walter Miehe / Im Westen 1916", die Oberfläche ist verschmutzt. Die Leinwand ist breit umgeschlagen über dunkelbraun gebeiztem Keilrahmen. Dort findet sich die Bezeichnung mit Bleistift "25,-", es handelt sich wohl um eine Preisangabe. Der Rahmen ist bronziert und jünger als die Malerei. (ib)
Das Gemälde wurde 1969 aus Brandenburger Privatbesitz angekauft.