Das in Komposition und Kleidung des Dargestellten schlicht, fast bürgerlich wirkende Porträt des Kronprinzen (und späteren Kaisers) Friedrich (III.) Wilhelm von Preußen (1831-1888) entstand im Jahr vor dessen Tod, im Oktober 1887 in Baveno am Lago Maggiore. Der Maler Anton von Werner traf dort auf die kurprinzliche Familie, die dort den 56. Geburtstag des Kronprinzen feierte. Dieser war bereits an einem Kehlkopfleiden erkrankt und hatte sich vom milden Klima Italiens Linderung erhofft. Erst einige Wochen später erhielt er die Diagnose Kehlkopfkrebs. In den Tagen am Lage Maggiore, in denen das Kronprinzenpaar die Villa Clara bewohnte, schuf von Werner sowohl vom Kronprinzen als auch seinem Sohn, dem Prinzen Heinrich, Porträtstudien. Von Werner, der dem Kronprinzen seit den 1870er Jahren sehr verbunden war und zahlreiche Aufträge des Kaiserhauses erhielt, beschreibt die Begegnung in Italien in seinen Erinnerungen: "Ich fand den Kronprinzen stark gebräunt und so wohl und gesund aussehend, wie nur je in seiner besten Zeit, aber seine Stimme klang heiser wie im Winter. [...]" [...] "Am nächsten Morgen, 20. Oktober, einem wundervoll warmen Tage, begleitete ich schon um 8 Uhr früh die Frau Kronprinzessin mit den Prinzessinnen-Töchtern auf einem Spaziergang auf der Straße nach Stresa [...] und um 9 Uhr begrüßte ich den Kronprinzen, von dem ich, nachdem mir bis gegen 1 Uhr wieder Prinz Heinrich gesessen hatte, nachmittags eine Porträtstudie in Angriff nahm. Zur Abendtafel war ich in der Villa Clara."
A. Bauer