Das Bild der Dominsel vom westlichen Ausläufer des Grillendamms aus gehörte seit dem 19. Jahrhundert bei Malern und Zeichnern zu den beliebtesten Sujets von Brandenburg. Im Vordergrund fließt der Domstreng, der im Rücken des Betrachters südöstlich des Altstädter Kietzes in die Niederhavel einfließen wird. Vor dem Dom St. Peter und Paul sind die Dächer der Domkurien III und IV und der Domdechanei zu sehen. Im Vergleich mit einer Lithographie von 1860, die in etwa dieselbe Blickrichtung zeigt (V 10501 Kb), lässt sich gut erkennen, wie stark sich innerhalb von fast 60 Jahren die Natur entwickelt hat. Blickt man 1860 noch ungehindert über Rasenflächen zur Dominsel, so wird im Jahr 1918 diese Aussicht durch üppige Vegetation weitgehend verdeckt. Der um 1900 recht bekannte Landschaftsmaler, Radierer und Lateinamerika-Reisende Karl Oenike (1862-1924) widmete dieses Blatt Prof. Dr. Richard Lehfeld (1852-1923), der seit 1891 die Bibliothek des vermögenden Bildhauers, Mäzens und Begründers der nach ihm benannten Zeichenschule in Brandenburg, Prof. August Wredow (1804-1891), betreute und ab 1911 selbst Leiter der Zeichenschule wurde. [Thomas Sander]
bez.: u.l.: Karl Oenicke, Herrn Professor Dr. Lehfeld zur freundl. Erinnerung. 1.6.1918