Dargestellt ist der Abschnitt der Prenzlauer Stadtmauer zwischen Stettiner Tor und Hexenturm in geraffter Weise. Anlass war die Begradigung der Wälle ab 1826, der Künstler wollte uns stolz das erreichte Ergebnis präsentieren, das wohl erst 1830 vollendet wurde, wo man auf der begradigten Fläche einen Friedhof anliegte. Der bekannte Baumeister Karl Friedrich Schinkel, der auf Dienstreisen durch Prenzlau 1834/1835 kam, sieht die durchgeführten Arbeiten sehr kritisch: "Durch diese Einebnung ist nun mit vielen Kosten eine ganz gewöhnliche charakterlose Anlage entstanden, die auf jedem Brachfelde ebensogut entstehen konnte, statt daß man mit Beibehaltung der beiden großen Erhöhungen und der dazwischen liegenden ganz trockenen Grabentiefen durch Terrassierung in zwei oder drei Absätzen mit dazwischen liegenden Böschungen von Rasen, die durch Treppen aus Feldstein von Zeit zu Zeit verbunden sein könnten, und durch malerische Bepflanzung, sowie durch Benutzung des Innern der Wallhöhe für Grabgewölbe eine sehr originelle malerische Einrichtung eines solchen großen Begräbnisplatzes mit geringeren Kosten hätte erhalten könnnen. .... In Verbindung vollends mit einer alten Stadtmauer wie von Prenzlau, die so schöne malerische Mauertürme und Tortürme hat, ist es umso weniger zu begreifen, so ins Charakterlose bei den gleichen Arbeiten zu verfallen." (zitiert nach Wieland 2022, S. 43).
Frank Wieland versuchte den Zeichner Lüdke zu identifizieren und sieht ihn am ehesten im Stiefsohn des Gastwirts Wittich. Dieser Stiefsohn dilettierte künstlerisch und erhielt für seine künstlerische Fortbildung 1828 50 Thaler, um ein Porträt des Königs Friedrich Wilhelm III. für die Stadt zu fertigen. Die sachliche Darstellung der Architektur deutet wohl eher auf den ebenfalls von Frank Wieland in Vorschlag gebrachten Ratsmaurermeister August Friedrich Wilhelm Lüdke. Es sind ein Porträt und eine solche Maueransicht, die jeder Maurer zeichnen kann, sehr unterschiedliche Aufgaben. (Vgl. Wieland 2022, S. 42)
Die in einem schwarzen Holzrahmen präsentierte Zeichnung ist von einer Linie umrandet und unter dieser li. u. mit ausgeblichener roter Tusche und Feder bezeichnet: "fec: Lüdke 1830". In der Darstellung findet sich rechts ein ovales Schriftfeld, wo mit Feder in Schwarz vermerkt ist: "Ansicht der alten Stadt-Mauer / Prenzlaus gesehen und auf-/genommen von der Ostseite / im Jahre 1830."
Erworben vor 1909.
Literatur:
Frank Wieland, Im Prenzlauer Kulturhistorischen Museum entdeckt: Eine alte Ansicht der östlichen Stadtmauer Prenzlaus mit dem sogenannten Walltor, in: Heimatkalender Prenzlau 2022, S. 41-48.