Ein etwa sechsjähriges Mädchen steht in Ganzfigur frontal und breitbeinig in dicken Stiefeln neben einem Tisch, auf den es die Hand gelegt hat, und schaut den Betrachter direkt an. Trotz des Tisches steht es erstaunlicherweise unter einem Baum, die Szene im Hintergrund durch einen Zaun geschlossen. In diesem Werk des späteren Landschaftsmalers Karl Hagemeister (1848-1933) aus der Phase der Studienreise mit Carl Schuch (1846-1903) und Wilhelm Trübner (1851-1917) nach Belgien zeigt sich der Wille, es den beiden erfahreneren Freunden und den damals außerordentlich geschätzten zeitgenössischen belgischen Gemälden an malerischer Kultur gleichzutun. Die bleichen, glatt gemalten Hautpartien des Kindes im Licht, eine gelbe Rose im Haar, die gespachtelte Stofflichkeit des Kleides, die tiefrote Farbigkeit des Samts auf dem Tisch und die Verschattungen durch einen Baum und Zaun zeigen eine erstaunlich schnell erfolgte künstlerische Entwicklung, des jungen Karl Hagemeister, der sich noch nicht dezidiert für die Landschaft entschieden hat, sondern Genrebilder, Porträts und Stilleben malt.
Das Gemälde ist links unten signiert und datiert rotbraun "K Hagemeister [K seitenverkehrt] / 74". Die Leinwand hat rückseitig an der unteren Bildkante einen Wasserschaden, außerdem auf der Maloberfläche leichte Risse und Verschmutzungen. (ib)
Das Bild wurde 1983 aus dem Nachlass von Margarethe Schweitzer, der Großnichte des Malers, für das Museum angekauft.
Literatur:
Warmt, Hendrikje: Karl Hagemeister. In Reflexion der Stille, Berlin-Brandenburg 2016, S. 229, G 27 m. Abbildung (= Warmt G 27). - Karl Hagemeister. Zum 160. Geburtstag. Werke des märkischen Künstlers aus dem Bestand des Stadtmuseums Brandenburg an der Havel, hrsg. von Heike Köhler, Brandenburg 2008, Abb. 9. - Meckel, Claudia: Karl Hagemeister, Berlin 1985, S. 77, Nr. 9.