Kleine leichte Balustervase mit Rippenstruktur auf hohem, glockenförmigem, achtseitig gestalteten Fuß, der Korpus unregelmäßig gestaltet und mehrfach gerippt, Scherben rötlich-braun erkennbar, Glasur weiß, Inglasurbemalung in verschiedenen Blautönen; keine Marke. Vereinzelte produktionsbedingt geplatzte punktförmige Bläschen in der Glasur, Glasurabplatzungen an der Fußplatte, eine etwa 5 mm lange tiefe Abplatzung auf der Wandung, der den verbliebenen Klebestellen nach zu urteilen notdürftig restaurierte Hals ist ausgebrochen; die Scherben verloren. Die konisch geweitete Form der Wandung betonend wachsen aus einem Fels- und Landschaftssockel großblättrige „indianische“ Blüten hervor; so bezeichnet wurden Päonien und andere, in Europa bis in die Frühe Neuzeit hinein unbekannte Blumen, die asiatische Porzellane schmückten und von den Niederlanden ausgehend Einzug in den Fayencedekor fanden (vgl. Bruckmann’s Fayence-Lexikon, 1981, S. 154). Ein Pfau sitzt inmitten der Felsen; sein prächtiges Gefieder umrundet die Wandung. Ihm gegenüber hat sich, kaum auszumachen zwischen den dicht stehenden Blüten, ein Vogel auf einem Zweig positioniert, ein weiterer hat sich inmitten der Blüten hinter dem Pfau niedergelassen. Sockel und Öffnung sind mit Spiralmuster versehen.
Allein zwei gemarkte gerippte Balustervase aus der Rewendt'schen Manufaktur sind bekannt. Die eine, dekoriert mit Streublumen, ist auf der Standfläche mit „P.dam“ bezeichnet. Sie befindet sich in der Stiftung Stadtmuseum Berlin (Mauter, Die Potsdamer Fayencemanufaktur, 1996, Abb. 1, S. 83; Falke, Altberliner Fayencen, 1923, Abb. 57c; Riesebieter, Die deutschen Fayencen, 1921, Abb. 199; siehe Weblink).
Die zweite, seit dem Zweiten Weltkrieg verschollene Vase, befand sich im Berliner Kunstgewerbemuseum. Sie war gemarkt und datiert Potsdam 1740 (Keisch, Berliner Fayence, 2001, Abb. S. 26; Falke, Altberliner Fayencen, 1923, Abb. 57g; Riesebieter, Die deutschen Fayencen, 1921, Abb. 198). In der Literatur bildete sie über einen längeren Zeitraum hinweg den „Ausgangspunkt“ des Niedergangs der Berliner und Potsdamer Fayence-Produktion (Heiland, Die Potsdamer Fayencefabrik, 1921, S. 43). Tatsächlich stand sie am Beginn der Potsdamer Produktion (Keisch, wie oben, S. 25f., erläutert die Irrtumsgenese, siehe auch den folgenden Eintrag zu 78-10-FA; mit dem Pfauenmotiv in den Forschungen Paul Heilands beschäftigte sich 2017 Klara Scheuren in einer hervorragenden, an der Universität Heidelberg eingereichten Masterthesis; Scheuren 2017).
Die Wandung der Vase zeigte dasselbe (wenn auch strukturierter gezeichnete) Motiv wie unsere Vase. Auch in den Berliner Manufakturen von Gerhard Wolbeer und Cornelius Funcke wurde dieser Dekor verwendet; eine entsprechend staffierte Vase aus der Manufaktur Wolbeer und Erben befindet sich in der Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr. II 72/298 B (online verfügbar). Christian Rewendt, nach Horst Mauter ehemaliger Mitarbeiter der Manufaktur Funcke, übernahm wohl zahlreiche Berliner Formen und Motive für seine eigenen Produkte – ob diese Vase nun aus Berliner oder Potsdamer Herstellung stammt, kann nach Abwägung der Argumente nicht eindeutig festgestellt werden (Mauter, „Unächt porzellain“ aus Potsdam, 2003, S. 170; Mauter, Berliner Fayencemacher, 1998, S. 84). [Uta Kumlehn]