Einen Schlüssel zum Verständnis der hier vorliegenden Malerei liefert erstens die niederländische (nicht die französische) Flagge am Mast des großen Segelschiffes rechts. Die Niederländer mit ihren berühmten Handelsstädten am Atlantik haben zugleich im 17. Jahrhundert die Marinemalerei angeführt und in dieser Tradition steht die dünn und gut vermalt ausgeführte Darstellung auf diesem Gemälde. Sie zeigt einen Blick zurück vom offenen Meer auf eine Küstenstadt mit Hafen in der Ferne, malerisch gruppiert bewegen sich mehrere große Koggen und kleine Segelfischer auf diese zu. Ganz rechts in der Bildecke führt ein im Wasser schwimmendes Wrackteil in die Bilderzählung ein, denn die See ist sehr bewegt, es weht stark von Backbord und die Bewölkung deutet ein herannahendes stärkeres Wetter an.
Einen zweiten Schlüssel zu diesem Bild liefert seine parkettierte Rückseite, die hier auf eine Sperrholzplatte aufgebracht ist. Eine Ausrahmung und Untersuchung der Malerei könnte Klarheit bringen. Sperrholz ist eine Verleimung mehrerer sehr dünn und mit Maschinentechnik geschnittener Holzplatten. Sie kam erst um 1860 auf, maschinell zugeschliffene Holzplatten einige Jahrzehnte eher. Demzufolge wäre dieses Gemälde im 19. Jahrhundert entstanden.
Die Malerei weist Krakelet auf und mehrere auffällige, nachgedunkelte Retuschen auf. Ganz rechts findet sich ein unklares lasierend gemaltes Monogramm "WV. DV (?)", der Keilrahmen weist inaktiven alten Anobienbefall auf, zwischen der rückseitigen Parkettierung findet sich das maschinenschriftliche Etikett der Wredowschen Kunstschule. Der profilierte bronzierte Rahmen ist wohl aus dem 20. Jahrhundert. (ib)
Das Gemälde stammt aus der Wredowschen Kunstsammlung.
Literatur:
Vgl. Haak, Bob: Das goldene Zeitalter der holländischen Malerei, Köln 1984 (zahlreiche Nachauflagen) (Vergleichsbeispiele S. 306-310, S. 474-482)