Der Landschaftsmaler Karl Säwert (1887 - 1958) stellte den Blick in einen Hof mit Fachwerkhäusern mehrfach dar. Die rückseitige Beschriftung des Gemäldes "Wilhelmsruh bei Berlin" könnte einen früheren Besitzer meinen. In der eingemeindeten Villenkolonie, seit 1938 Teil des Bezirkes Pankow von Berlin, ist eine solch geschlossene Fachwerkbauweise nicht überliefert, so dass wie traditionell dem Titel zu entnehmen, das Motiv in Brandenburg an der Havel zu suchen ist. Eine persönliche Beziehung zu diesem Gebäude ist wahrscheinlich. Durch einen Torbogen am rückwärtigen Quergebäude ist ein alter Mann mit Gehstock und Hut getreten, im Begriff, das Gebäude rechts zu betreten. Links von ihm steht ein Mädchen in hellem Kleid, das auf eine Dreiergruppe von spielenden Mädchen schaut. Säwert probiert in diesem Motiv mit seinem starken Lichteinfall von links eine farbintensive und locker getüpfelte Malweise. Eine den Bildausschnitt betreffende nahezu identische Version, allerdings in den Formen stärker zusammengefasst, menschenlos, aber mit Federvieh, befindet sich in Privatbesitz.
Karl Säwert (1888-1962) stammte aus der Neumark und hat seine Ausbildung in Berlin empfangen, das auch sein Lebensmittelpunkt wurde. Er zeigt in seinen Brandenburg-Ansichten sowohl Teile der historischen Stadtteile mit den bestimmenden mittelalterlichen Kirchenbauten als auch die moderne Industriearchitektur, die er jedoch in die Landschaft eingliedert und damit harmonisiert. Er hatte sich auf beliebte Landschaften der Küste, der Alpen und auch der Mark Brandenburg spezialisiert, war in Italien und Paris gewesen und hat das Kunststück der Anerkennung in zwei Systemen fertiggebracht: In der Zeit des Nationalsozialismus als NSDAP-Mitglied wie auch von 1956 an in Ost-Berlin als Mitglied des Verbandes Bildender Künstler. Von 1929 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ist er Lehrer an der Wredowschen Zeichenschule gewesen, lebte aber wohl nicht in der Stadt.
Das Gemälde ist rechts unten signiert "K. Säwert." Der Zustand ist gut, der Rahmen aus der Entstehungszeit. (ib)
Eine Provenienzrecherche wurde durchgeführt, das Gemälde wurde unmittelbar nach seiner Entstehung vom Kultur- und Schulamt der Stadt Brandenburg erworben und vom Rat der Stadt später dem Museum übergeben.
Literatur: Friedrich Sernetz: Karl Säwert. Ein Landschaftsmaler, Petersberg 2022, S. 87, Abb. 99 (V00004KaGe) und Abb. 100 (Privatbesitz). - Enders, Rainer/Holtmann, Wulff (Hg. im Auftrag der Stadt Brandenburg (Havel): stattbekannt. 150 Jahre Brandenburg in Bildern, Brandenburg 2015, S. 78.