Das Gemälde gehört in die Frühzeit des späteren Landschaftsmalers Karl Hagemeister (1848-1933) vor der Zeit der künstlerischen Ausbildung. Er war als Lehrer in der Dorfschule in Pankow tätig. 1868 sind die ältesten Gemälde des Künstlers erhalten, der offenbar unter dem Eindruck der nahen Großstadt künstlerische Eindrücke sammelt und seine eigenen Versuche intensiviert, die neben einigen Familienporträts zunächst auf dem Gebiet der Genremalerei liegen.
Auf diesem Gebiete ist er auch mit diesem Gemälde tätig, doch tritt 1870 erstmals und gleich mit Geschick die Landschaft als Thema seiner Malerei hinzu. Ein barfüßiges und offenbar armes Mädchen hat am Waldrand stehend die herabhängenden Hände wie zum Gebet gefaltet, den Blick in die Ferne gerichtet. Vor der nahenden Dunkelheit, der links in der Ferne hinter Wiese und Waldkante durch ein Abendlicht angedeutet ist, hat sie aus dem Wald mit seinen mächtigen Buchenstämmen herausgefunden, in den wir rechts hineinschauen. Die rote Mütze des Mädchens lässt an Rotkäppchen denken.
Rechts unten hat der junge Mann, damals 22 Jahre, das Gemälde mit roter Farbe signiert und datiert "C. Hagemeister / 70.". Die Malerei weist einige oberflächliche Kratzer und Schleifspuren auf, einige Risse lassen den weißen Kreidegrund durchscheinen, ältere Retuschen sind in der Schürze des Mädchens erkennbar. Der Keilrahmen trägt auf der Rückseite den Stempel des Herstellers "Spielhagen A.-G. / Berlin". (ib)
Erworben wurde das Werk für das Museum 1983 aus dem Nachlass von Margarethe Schweitzer, der Großnichte Karl Hagemeisters, durch Ankauf.
Literatur:
Warmt, Hendrikje: Karl Hagemeister. In Reflexion der Stille, Monographie und Werkverzeichnis der Gemälde, Berlin 2016, G 9 m. Abbildung (= Warmt G 9).