Hohlglasscherben, überwiegend in Überfangtechnik auf Milchglas (und grünem Unterfang), teils aus zusammengeschmolzenen Glasstäben, mit einem gekämmten Dekor in Blau-Weiß-Rot, Blau-Weiß-Braun, Rot-Weiß-Gelb, Weiß-Gelb, Blau-Weiß, teils mit grünen und braunen Applikationen (etwa einem Standring).....Die Fragmente stammen vom ehemaligen Standort der Glashütte Johann Kunckels auf der Pfaueninsel, die er zwischen 1685 und 1688 unter anderem für Experimente mit neuartigen Glasmassen und Techniken nutzte. Zur Herstellung polychromer Gläser entwickelte er das in der Mark Brandenburg bereits im frühen 17. Jahrhundert bekannte Verfahren des Einschmelzens farbiger Krösel weiter (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 1.1+2). Dabei orientierte er sich an Verfahren, die im 16. Jahrhundert in Murano aufkamen. Die Scherben belegen, dass die Glasmacher auf der Pfaueninsel unter Kunckels Leitung gekämmte Stab- und Überfangdekore à la façon de Venise zu bunten Hohlgläsern formten. ....Mitunter schmolzen sie ihnen sie einen farbigen Standring an, teilweise handelte es sich dabei um runde Aggry-, Akori- oder Aggrey-Perlen, beispielsweise bei dem weiß-gelben Fragment. Diese dienten im Dreieckshandel zwischen dem Kurfürstentum Brandenburg, der Festung Groß-Friedrichsburg an der afrikanischen Westküste und Nordamerika als Tauschmittel. Auf der Oberfläche zeichnet sich das Kämmen als Vogelfeder-, Wellen- oder Schachbrettmuster ab. Der Alchemist hat das Verfahren, das auch aus dem Alpenraum bekannt ist, noch nicht in seiner Ars vitraria experimentalis von 1679 beschrieben. Intakte Gläser mit diesem Dekor und brandenburgischer Provenienz sind nicht überliefert. [Verena Wasmuth]