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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Dauerleihgabe des Museums für Vor- und Frühgeschichte

Dauerleihgabe des Museums für Vor- und Frühgeschichte

Die Objekte in dieser Gruppe kamen bei archäologischen Ausgrabungen am Standort des ehemaligen Kunckel-Laboratoriums auf der Berliner Pfaueninsel 1972 bis 1974 zutage. Sie gehören zum Bestand des Museums für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Derzeit befinden sich die Funde als Dauerleihgabe bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, die ausgewählte Fragmente in der Meierei der Pfaueninsel ausstellt.

[ 30 Objekte ]

Fragmente von Perlstäben

Scherben von zylindrischen Stäben aus opakweißem Glas mit kräftigem, farblosem Überfang, gezogen, teils längs eingestochen sowie massive Kugeln aus farblosem, blauem und überstochenem Glas. Die Fragmente stammen vom ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel, die Kurfürst Friedrich Wilhelm 1685 dem Alchemisten Johann Kunckel als Experimentalhütte und mit dem Privileg übertragen hatte, "Christall-" und Rubinglas sowie "Corallen" herzustellen (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 137). Zur Lieferung der Corallen – Glasperlen, die den als Akori oder Aggry bezeichneten vorkolonialen Schmuckgegenständen nachempfunden waren – war Kunckel damit regelrecht verpflichtet. Ihre antiken Vorbilder aus Ägypten, Phönizien oder Murano bzw. einheimischer Produktion galten bei den Einheimischen als nahezu unbezahlbar. Sie kamen im Kolonialhandel der Brandenburgisch-Afrikanischen Compagnie zum Einsatz. Mehrheitlich hatten sie die Form von zylindrischen, kurzen Röhrchen, aber auch kleine und große Kugelformen, wie die Fragmente auf der linken Seite zeigen, sind überliefert. In der Literatur bislang weitestgehend übersehen ist die Tatsache, dass Akori-Perlen auch aus brandenburgischer Produktion stammen. Die in der Glashütte Pfaueninsel erzeugten Glasperlen verwendete man als Tauschware im Kolonial- und Versklavungshandel. [Verena Wasmuth]

Hohlbaluster eines Glaspokals und Fragment eines Fläschchens

Bruchstücke aus gelbstichigem, Glas, ofengeformt. Sie stammen vom ehemaligen Standort der Versuchsglashütte von Johann Kunckel auf der Pfaueninsel in der Havel nahe Potsdam, die er zwischen 1685 und 1688 betrieb. Bei dem linken Fragment könnte es sich um den Hohlbaluster oder Knauf eines Pokals handeln. Der rechte Bodenfund ist ein kleines Rundfläschchen mit umgelegtem Faden an der Mündung, wie sie seit dem 16. Jahrhundert zur Aufbewahrung von Arzneien und anderen besonderen Flüssigkeiten oder Pulvern gebräuchlich waren. Dieser Formtyp mit stark hochgestochenem Boden und umgelegtem Mündungsfaden war weit verbreitet. Das Fläschchen dürfte eine Ingredienz für Kunckels Experimente enthalten haben. [Verena Wasmuth]

Fragmente von Kelchgläsern

Bruchstücke von Kelchen aus sehr dünnwandigem, farblosem Glas. Die beiden größeren Fragmente mit leichtem Grünstich gehören zusammen und bildeten einst ein zartes Weinglas à la façon de Venise mit breitem Fuß. Das kleinere Fragment mit Graustich könnte vom oberen Teil eines Kelchschaftes stammen, unten mit optischem Baluster, oben mit Kuppaansatz. Die Scherben stammen vom ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel in der Havel, die zwischen 1685 und 1688 dem Alchemisten Johann Kunckel gehörte. Ob es sich dabei um Kelche handelt, die in der Hütte hergestellt wurden oder um Glasbruch als Zusatz für die Schmelze lässt sich nicht abschließend klären. Hingegen ist unwahrscheinlich, dass die Glasmacher selbst aus ihnen Wein tranken. Das Getränk ihrer Wahl war stets das Bier, schon um den hohen Flüssigkeitsverlust bei der Arbeit am Ofen auszugleichen. [Verena Wasmuth]

Glasscherben aus Farbglas-Experimenten

Fragmente aus massivem Glas, scheinbar ofengeformt; darunter zwei größere opake Stücke in Braunrot, ein amethystfarbenes Stück, zwei längliche Stücke in opakem Honigbraun, eine hohlgeblasene Rubinglasscherbe mit Waffelmuster sowie zwei Scherben aus farblosem Glas mit eingeschmolzenen Rubinglasfäden. Die Bruchstücke kamen bei archäologischen Ausgrabungen am historischen Standort der Experimentalglashütte von Johann Kunckel (um 1635–1703) auf der Pfaueninsel zutage. Sie belegen, dass sich der Alchemist mit der Entwicklung zahlreicher Glasfarben und Verfahren beschäftigte; so ist die Waffelmusterung durch das Einblasen in eine reliefgebende Form, etwa einem Gitternegativ entstanden. Die lebrige Färbung der beiden großen Stücke verweist auf Goldrubinglas, das Kunckel mit Privileg des Großen Kurfürsten auf der Pfaueninsel herstellte (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 137). Vermutlich handelt es sich bei den eingeschmolzenen roten Glasfäden ebenfalls um Goldrubinglas. Pokale mit spiralförmig eingeschmolzenen Rubinglasfäden im Schaft werden meist pauschal der Helmbachhütte im südlichen Böhmerwald zugeschrieben. Auch aus dem thüringischen Glasmacherort Lauscha sind derartige Waren seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert überliefert. [Verena Wasmuth]

Flaschenmündungen aus Waldglas

Mündungsscherben von Flaschen aus dickwandigem, grünem Waldglas in zwei Größen mit umgelegtem Glasfaden. Flaschen aus Waldglas waren im 17. und 18. Jahrhundert ein Serienartikel, der in standardisierten Größen von zahlreichen Hütten produziert wurde. Am langen Hals, unterhalb des Mündungsrandes, wurde ein starker Glasfaden appliziert, der zur Befestigung einer Schnur diente, die den Korken hielt. Die Fragmente wurden bei archäologischen Ausgrabungen in den 1970er Jahren auf der Pfaueninsel gefunden. Dort unterhielt der Alchemist Johann Kunckel zwischen 1685 und 1688 eine Glashütte, die er unter anderem für seine Experimente nutzte. Möglicherweise handelt es sich bei den Scherben um die Reste von Vorratsflaschen, in denen sich Ingredienzien für sein Laboratorium befanden. Ebenso könnte es sich dabei um angekauften Glasbruch handeln, den er der Glasschmelze beimengen ließ, zwecks Reduzierung der Schmelztemperatur. Am wahrscheinlichsten ist die Vermutung, dass die Flaschen ehemalig mit Bier gefüllt waren und von den Glasmachern geleert wurden. Die schweißtreibende Arbeit am heißen Ofen verlangte nach einem steten Flüssigkeitsnachschub, den das elektrolyt- und zuckerhaltige Bier weitaus besser deckte als Wasser. Noch heute ist Bier für die meisten Glasmacher am Arbeitsplatz ein Muss. [Verena Wasmuth]

Bruchstücke von Achatglas

Bruchstücke von Achatglas in diversen Rottönen und Grün. Achatglas ist im Deutschen die geläufigste Bezeichnung für dieses marmorierte, opake Farbglas, das seine Ursprünge in den Muraneser Glashütten des 15. Jahrhunderts hat und auch als Chalzedon-, Jaspis- oder Onyxglas bekannt ist. Es handelt sich um Bodenfunde vom ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel, die Johann Kunckel (um 1635–1703) unter anderem für Experimente mit neuartigen Glasmassen betrieb. Die Fragmente belegen, dass er sich mit der Imitation von Edelsteinen aller Couleur in Glas beschäftigte. Intakte Exemplare aus Achatglas in diesem speziellen Farbspektrum aus Kunckelscher Produktion sind nicht überliefert. Verena Wasmuth

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