Caspar David Friedrich zählt zu den bedeutendsten Vertreten der romantischen Landschaftsmalerei in Deutschland. Er vertrat die Meinung, dass ein Landschaftsmaler „treu und wahr die Natur nachzubilden“ habe, ihrem Abbild aber über die bloße Naturimitation hinaus gleichzeitig auch einen metaphysisch-erbaulichen Verweischarakter verleihen solle.
Nach seiner Rückkehr von einer Riesengebirgswanderung im Juli 1810 begann Caspar David Friedrich die Arbeit an dem vorliegenden Gemälde, in dem er zunächst die landschaftlichen Eindrücke seiner Reise zu verarbeiten scheint. Von einem erhöhten Betrachterstandpunkt aus überblickt man zerklüftete Felsen, die sich rechts im Mittelgrund zu einer schartigen Bergspitze auftürmen. Auf ihr erhebt sich ein Kruzifix hoch in den von der aufziehenden Morgensonne hell erleuchteten Himmel. Dahinter erstrecken sich von dichten Nebelschwaden eingehüllte Gebirgszüge wie Meereswogen bis zum fernen Horizont. Erst auf den zweiten Blick wird man der kleinen figürlichen Szene am Fuß des Kreuzes gewahr, die den tieferen allegorischen Sinn der Darstellung offenbart: Eine Frau in weißem Kleid, die den Stamm des Kreuzes mit der Rechten umfasst hält, zieht einen Mann mit der Linken die letzten steilen Aufstiegsmeter zu sich empor. Im Rückgriff auf geläufige christliche Symbole wird damit die strapaziöse Bergbesteigung als Sinnbild für den mühsamen Lebensweg des Menschen in der Nachfolge Christi verständlich, an dessen Ende der Fromme das Ewige Leben erringt. In diesem Kontext wurde verschiedentlich angenommen, dass die Männergestalt den Künstler selbst darstellt, und die Frau als Personifikation des Glaubens begriffen werden kann. Die überlieferten Rezensionen zeigen, dass nicht alle Zeitgenossen den emblematischen Charakter von Friedrichs Landschaft schätzten. Im Sinne von Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr, der die Verwendung einer „Landschaft zur Allegorisierung einer bestimmten religioesen Idee“ rundheraus ablehnte, meinten Kritiker, dass der symbolische Verweis auf die vom Künstler intendierte Bildaussage einer idealerweise von vorgegebenen Inhalten autonomen ästhetischen Wirkung der Landschaft schadete. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. schien sich daran allerdings nicht zu stören, sondern lobte stattdessen die Naturwahrheit des Bildes, als er es 1812 auf der Berliner Akademieausstellung sah und kaufte.
Mit weiteren Werken Friedrichs ist das Gemälde heute im Neuen Pavillon im Schlosspark Charlottenburg zu sehen.
Jessica Korschanowski