Am 29. April 1688 starb der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg im Potsdamer Stadtschloss. Eine der ersten Aufgaben des neuen Kurfürsten Friedrich III. war die Ausrichtung des Leichenbegängnisses für den Vater am 12. September 1688 in Berlin. Trauergäste aus vielen Landesteilen und Europa wurden zu den Feierlichkeiten erwartet, die erste Gelegenheit für Friedrich III. sein politisch begründetes Prunkbedürfnis öffentlich zu zeigen und die Bedeutung des Zeremoniells und der Insignien zu betonen. Eigens für die Leichenprozession ließ er 1688 den Totenhelm in kunstvoll getriebener, vergoldeter Ausführung anfertigen, der in seiner traditionellen Form eine Erinnerung an die Ritterzeit bedeutete.
Haube und Kragenstück bedeckt ein reich wucherndes Rankenornament. Das Gittervisier aus alternierenden glatten Stäben ist in Augenhöhe ausgebogen. Es kann nicht geöffnet werden, was auf die rein zeremonielle Verwendung des Helms hindeutet. Der Helmtypus entspricht dem Spangenvisierhelm, wie er seit der Mitte des 16. Jahrhunderts nicht mehr getragen wurde. Er lebte in dieser Form in den Wappenbekrönungen und auch in der Porträtmalerei fort. Am Halsansatz des Helmkragens ist die 1684 geprägte Medaille zum Gedenken an die Verleihung des englischen Hosenbandordens an den Großen Kurfürsten mit dessen Bildnis montiert - nach dem Tod des Vaters rückte Friedrich III. in dessen Ordensstelle auf. Als Helmzier dient ein Straußenfederbusch in den brandenburgischen Wappenfarben; des roten Adlers auf silbernem (weißem) Feld und des blauen Kurschildes, dem Zeichen des Kurfürsten als Erzkämmerer im Heiligen Römischen Reich. Damit wird auf die wichtigsten Titel des Verstorbenen als Kurfürst und Markgraf von Brandenburg, seinem Stammland, hingewiesen.
Seit dem Mittelalter waren Totenhelme im Bestattungszeremoniell (lateinisch funus = Bestattung) von Fürsten und Rittern bekannt. Die Funeralwaffen verkörperten den Toten in seiner persönlichen Rangstellung, weswegen beispielsweise der Totenhelm Kaiser Karls V. (gest. 1558), welchen der bedeutende Augsburger Plattner Anton Pfeffenhauser schuf, eine Krone als Helmzier erhielt. Durch dokumentarische Berichte und reiche Illustrationen wurden die Trauerprozessionen an den europäischen Höfen noch für kommende Generationen festgehalten. Die so überlieferten für Karl V. in Brüssel und Augsburg inszenierten Gedenkfeiern, bei denen die Insignien in der Prozession stellvertretend für den Verstorbenen getragen wurden, waren beispielgebend.
Friedrich III. gab einen prachtvoll gestalteten Band zum Leichenbegängnis für den Großen Kurfürsten 1688 heraus, der die Prozession in allen Einzelheiten festhielt. In der Reihenfolge der im Trauerzug mitgeführten acht Kurinsignien wurde der Funeralhelm an vierter Stelle, nach dem Schwert von der „preußischen Souveränität“, dem späteren Reichsschwert, dem Kurschwert und dem Hosenbandorden auf einem schwarzen Samtkissen getragen. Als Symbole fürstlicher Macht und dynastischer Kontinuität verwiesen die Insignien, wie schon bei der Paradeaufbahrung des Leichnams im Potsdamer Stadtschloss, auf die Unsterblichkeit der fürstlichen Würde. So bezog sich der Helm sowohl auf den toten Herrscher als auch auf seinen Nachfolger, ähnlich der bekannten französischen Formel „Le roi est mort! Vive le roi!“. Im Zitieren der altertümlichen Form wiederholte er gleichsam den Anspruch der politischen Legitimität seines Trägers und wurde so ein Attribut der neugestalteten Macht.
Der Totenhelm des Großen Kurfürsten gilt als das letzte Beispiel seiner Gattung. Über die Jahrhunderte hinweg wurde er bei den Beisetzungen der männlichen Mitglieder des königlichen Hauses, nun mehr als Reichshelm bezeichnet und mit einem neuen Federbausch aus drei weißen und sechs schwarzen Federn, den Landesfarben Preußens und Farben des Hauses Hohenzollern, versehen, verwendet. Das letzte Mal in Funktion sah man den Reichshelm bzw. Totenhelm des Hauses Hohenzollern beim Leichenbegängnis für Kaiser Friedrich III. am 18. Juni 1888.
Claudia Meckel