Die Stockgeige aus dem Nachlass des Teltower Musiklehrers Otto Schweitzer ist das einzige Instrument aus seinem Besitz, das dem Raub und der Zerstörung bei der Plünderung des Hauses im April 1945 durch sowjetische Soldaten entging. Sie wurde im zusammengefalteten Zustand im Schirmständer nicht als Musikinstrument erkannt, denn sie sieht von außen aus wie ein Spazierstock. Dreht man den Griff ab und entfernt die Abdeckung, entdeckt man darunter eine voll funktionsfähige Geige. Der gesamte Spazierstock ist bis in die Spitze hohl und dient als Resonanzkörper. Der Steg, über den die Saiten verlaufen, muss vor jedem Spiel neu aufgerichtet werden und hat deshalb an der Unterseite besonders abgerundete „Füßchen“. Nach dem Spiel wird er vorsichtig wieder unter das Griffbrett geschoben. Die Wirbel, an denen die Saiten aufgezogen und gestimmt werden, sind nicht wie üblich aus Ebenholz, sondern sind kurze Metallstifte, ähnlich wie die Wirbel bei einem Klavier, die mittels eines kleinen Stimmschlüssels gedreht werden können. Dieser nur etwa 5 cm lange Stimmschlüssel wird zusammen mit dem Bogen im Innern des Resonanzkörpers der Geige aufbewahrt. Der Bogen ist etwas zierlicher als gewöhnlich, unterscheidet sich aber im Wesentlichen nicht. Der Griff wird nach dem Entfernen der Abdeckung wieder angeschraubt und dient als Kinnhalter. Der verhältnismäßig kleine Resonanzkörper lässt nur ein eher bescheidenes Klangspektrum zu. Auch das Spiel ist aufgrund der Bauart und der Gewichtverteilung schwerer als auf einer herkömmlichen Geige.
Diese typischen Instrumente der Biedermeierzeit erlaubten die musikalische Betätigung inmitten der Natur und wurden zugleich als Spazierstöcke verwendet.