Während bei dem Typus des historistischen Präsentationsmöbels meist kostbare Furniere zur Oberflächenveredlung eingesetzt wurden, sind bei dem hier vorgestellten Aufsatzschrank alle sichtbaren Flächen aus massiver Eiche gefertigt, die mit einer dunklen Beize behandelt wurden. Seine geschnitzten Dekore - insbesondere die der Lisenen - lehnen sich frei an bestehende oder publizierte Vorlagen aus dem 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts an, wie sie vor allem in Norddeutschland Möbel, Vertäfelungen oder Kanzeln schmückten. Die Lisenenschnitzereien sind wesentlich qualitätvoller ausgeführt als die Flachreliefs der beiden Türfüllungen. Das Königspaar auf den unteren Türen, dessen Attribute und Herrschaftszeichen fast verballhornt erscheinen, ähneln mehr Spielkartenfiguren als realen Schnitzreliefs der Spätrenaissance. Die sich an die figürliche Ikonographie von Möbeln des 16. und 17. Jahrhunderts anlehnenden Darstellungen von Pax und Caritas - im Verein mit Justitia - sind moralisierend und als traditioneller Tugendkanon eines Herrschers zu interpretieren. Die mit Unterschriften (Hoffnung, Liebe, Vorsehung, Glück) auf den Sockeln versehenen Figuren am Aufsatz lehnen sich formal und hinsichtlich ihres leicht primitivistischen Schnitzduktus an ähnliche Personifikationen auf norddeutschen Schränken und Vertäfelungen aus dem frühen 17. Jahrhundert an, ohne jedoch deren Bewegtheit und architektonische Rahmung nachzuvollziehen. Die beiden quadratischen Wappenfelder - bislang nur das der zum holsteinischen Uradel gehörenden Grafen von Rantzau zu identifizieren - geben dem Möbel ein repräsentatives Gepräge und könnten sowohl für ein Geschenk als auch für eine Art Monument, ein Denkmal, sprechen. Möglicherweise hängt die Verwendung der Wappen mit der Erwerbung Schleswig-Holsteins durch Preußen in den Jahren 1864/1866 zusammen. Das Buffet steht im Flatowturm im Park Babelsberg in Potsdam.
Jörg Meiner / Henriette Graf