Das Taburett, wie Hocker im 18. Jahrhundert genannt wurden, aus afrikanischem Elfenbein gehörte zu einer vollständigen Zimmerausstattung, die Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620–1688) 1652 von Johann Moritz Fürst von Nassau-Siegen (1604–1679) erwarb. Im Unterschied zur Bank und zum Armlehnstuhl derselben Garnitur zieren die Füße und den Rahmen der Sitzfläche des Taburetts keine Frucht- oder Blumenmotive. Der gepolsterte Hocker steht auf vier gedrechselten Füßen, im unteren Bereich mit Leisten verbunden. Heute existieren nur noch wenige Möbelstücke aus der Sammlung des Kurfürsten, was den einzigartigen Charakter der Garnitur ausmacht. Das ursprüngliche Ensemble umfasste einen Tisch, eine Bank, zwei Armlehnstühle mit jeweils einem Hocker, zwei Spiegelrahmen, zwei Guéridons (auf denen Leuchter standen), einen Kronleuchter, einen Kabinettschrank sowie einen Mörser mit Stampfer.
Die Entstehungsgeschichte dieser Garnitur beginnt in Brasilien. Johann Moritz verwaltete dort ab 1637 die Besitzungen der Niederländischen Westindien-Kompanie in Brasilien, wo er die von Sklavenarbeit abhängige Zuckerindustrie wiederbelebte. Mit den daraus resultierenden Gewinnen pflegte er sein Interesse für Kunst und Natur. Wissenschaftler und Künstler kamen nach Brasilien, um davon zu profitieren. Zudem brachten Schiffe neben Sklaven auch Elfenbein von der westafrikanischen Küste nach Brasilien. Dort wurde das Elfenbein weiterverarbeitet oder als kostbares Material verwahrt. Eine erhaltene Inventarliste führt die Garnitur auf, die Johann Moritz aus Brasilien mitbrachte und später in seiner Residenz, genannt Mauritshuis, in Den Haag präsentierte. Es sind heute die einzigen noch bekannten Möbel aus Holländisch-Brasilien aus der Sammlung des Johann Moritz.
Kurfürst Friedrich Wilhelm und Johann Moritz verband im Laufe ihres Lebens eine fast freundschaftliche Beziehung. Dabei profitierte der Kurfürst vom künstlerischen Interesse und entsprechenden Verbindungen des Fürsten von Nassau-Siegen. Durch ihn gelangte der Kurfürst an diese einzigartige Elfenbeingarnitur, die er zusammen mit anderen Kunstwerken, Waffen und Büchern für Ländereien in Kleve im Wert von 50.000 Talern erwarb.
Das Inventar der Berliner Kunstkammer von 1694 beschreibt die Hocker kurz als mit einem „grün sammete Pulster“ versehen. 1702 im Berliner Schloss kleideten die Hocker nun „rothen Sammete undt silberne Gallounen und rothe raschene Überzüge“. Bis ins 19. Jahrhundert, als die Garnitur im Alten Museum und anschließend im Hohenzollernmuseum stand, besaßen die Hocker rote Sitzkissen mit Silberbortenbesatz. Heute besitzt der Hocker, wie die anderen Sitzmöbel, wieder ein grünes Samtkissen, wodurch das Aussehen der Garnitur von 1694 rekonstruiert wird.
Carolin Alff