Verglichen mit dem Gros der Darstellungen des Gesundbrunnens, aber auch anderer Parks und Aussichtpunkte in und um Neustadt-Eberswalde, wirken Blechens Ansichten wesentlich lebendiger. Dies resultiert nicht so sehr aus der Zahl der ins Bild komponierten Staffagefiguren, denn auch andere Künstler, wie etwa Friedrich Julius Tempeltey, zeigen in ihren Bildern durchaus volkreiche Szenen rings um den Gesundbrunnen (vgl. u.a. Inv.-Nr. V 715 K). Vielmehr ist es Blechens pointierte, ja fast karikierende und dennoch scharf beobachtete Wiedergabe des Verhaltens der Spaziergänger und Kurgäste, bei denen es sich zumeist um Vertreter der gehobenen Gesellschaft handelt. Das „Sehen und Gesehenwerden“ spielte in den Kur- und Badeanlagen Europas eine große Rolle. Und selbst, wenn Neustadt-Eberswalde nicht annähernd mit Karlsbad oder Heiligendamm und auch nicht mit dem benachbarten Bad Freienwalde konkurrieren konnte, so gab es dennoch auch hier den Typus des gut betuchten Müßiggängers, dem jede Abwechslung recht war. Einer von ihnen, dickbäuchig und in modisch enge Hosen gepresst, steht am rechten Bildrand und schaut mit seinem Lorgnon ungeniert zwei jungen Damen hinterher. Im auffälligen Kontrast dazu spielen zwei Kinder im Vordergrund. Hier beweist Blechen einen feinen Sinn für komische Situationen. Im Übrigen hat sich zu diesem Stahlstich die Vorzeichnung Blechens erhalten (vgl. Berndt 2002, S. 70). [Thomas Sander]
Beschriftung: l.u.: Nach d. Nat. gez. v. Blechen.; m.u.: Gesundbrunnen zu Neustadt-Eberswalde.; r.u.: gest. v. J. G. Martini 1830.