König Wilhelm I. wurde 1871 zum Deutschen Kaiser ernannt. Schon vorher setzte er seine einfache Lebensweise und Bescheidenheit medial in Szene. Unter diesem Blickwinkel kann auch dieser Schreibtisch aus Schloss Babelsberg betrachtet werden. Er kam 1866 in das Schlafzimmer Wilhelms I. und war möglicherweise ein Geschenk seiner Gattin, Königin Augustas. Der an den gotischen Stil angelehnte Tisch steht auf zwei Wangen mit ausgestellten Beinen, die eine Schreibplatte mit zwei Schubladen tragen. Diese befinden sich hinter einer abschließbaren Schnappblende. Der gestaffelte Aufbau mit gotisierenden Ornamenten, Pfeilern, Fialtürmchen und einem begrenzenden, niedrigen Gitter lehnt an gebaute Architektur an. Die Vereinfachung der Form und des Dekors und die schlichte Gestaltung sollten als Ausdruck der Persönlichkeit des Kaisers verstanden werden. Der Schreibtisch befindet sich heute im Schloss Cecilienhof in Potsdam.