Dargestellt ist die Grotte von Chevres in der Nähe von Fontes Belles unweit von Rom. In dieser Gegend in den Sabiner Bergen wurde im Zuge der stärkeren Hinwendung zur antiken Literatur auch die von Horaz, dem bedeutendsten Dichter des augusteischen Zeitalters, beschriebene Villa gesucht und 1761 lokalisiert. Hackert fertigte 1780 eine Folge von zehn Ansichten der landschaftlichen Umgebung dieses Ortes, die als Nachempfindung der von Horaz beschriebenen ländlichen Orte ("locus amoenus") empfunden wurden, bei dem auch eine pastorale Szene den Vordergrund belebt: "Zehn Aussichten von dem Landhause des Horaz". Dieses Blatt von der Grotte ist das 10. und letzte Blatt dieser Folge.
Der Kupferstecher Balthasar Anton Duncker (1746-1807) begeisterte sich als 15jähriger, als er von Jakob Philipp Hackert Unterricht im Zeichnen unterhielt, so sehr dafür, dass er seinem jungen Lehrer nach Paris folgte und hier unter dem Einfluss des dort führenden Johann Georg Wille Kupferstecher wurde. Auch als sich ihre Wege geschäftlich getrennt hatten und Duncker in der Schweiz als vielbeschäftigter Illustrator heimisch wurde, suchte er mit Druckgraphik nach Hackert dessen Ruhm zu mehren. Matthias Gottlieb Eichler ist der zweite genannte Künstler, er vollendete die Arbeit, vermutlich lag in seinen Händen die meiste, technische Arbeit, während die Kooperation mit dem Radierer und Kupferstecher Duncker, auch als Marketing und Unterstützung für Hackert angesehen werden kann. Hackerts jüngster Bruder, seit 1778 in Rom, hatte den Vertrieb übernommen.
Das Blatt ist bezeichnet "Peint a gouache a Jac. Phil. Hackert. 1780.", re. u. " Gravè a l'eau forte par B. A. Dunker / termine par G. Eichler.", Mi. u. "Vue de la grotte de Chèvres / pres des Fonte Bello." Darunter findet sich folgendes Horaz-Zitat "Impune tutum per nemus arbutos - Quaerunt lantentes et thyma deviae - Olentis uxores Mariti / Hor: Od: XVII: Lib:1." (Gefahrlos im sicheren Hain - suchen Erdbeeren und Thymian die Ehefrauen - weitab vom stinkenden Gatten.)
Das schöne Blatt mit dem tief eingedrückten Plattenrand ist alt in einem schlichten aber breiten Holzrahmen, der mit Bolusgrund versehen blattgoldgerahmt wurde, versehen. Das Werk wurde 1997 erworben und ist im Hackert-Raum der ständigen Ausstellung des Prenzlauer Museums zu betrachten.