Bei der um 1616/1617 entstandenen "Anbetung der Hirten" handelt es sich um eines der frühesten erhaltenen Gemälde Anton van Dycks, der 1618 als selbständiger Meister in der Antwerpener Sankt Lukasgilde registriert wurde. In dieser Zeit arbeitete er vermutlich bereits als Mitarbeiter von Peter Paul Rubens. Die "Anbetung der Hirten" orientiert sich an einer themengleichen Darstellung von Rubens, die sich heute im Musée des Beaux Arts in Rouen befindet. Anders als bei dem Vorbild des älteren Kollegen ist die Komposition auf ein schmales Querformat konzentriert, in dem die Figuren sehr groß auf der Bildfläche verteilt sind. Auf engem Raum gedrängt erscheinen Hirten und Bauern in ehrfurchtsvoll gebückter Haltung, um das Christuskind im Stall zu bewundern. Eine Frau reicht dem Kind ein Hühnerei - ein Symbol für die Auferstehung Christi. Spätestens ab 1773 befand sich das Gemälde, das unter König Friedrich II. für preußischen Sammlungen angekauft wurde, mit seinem (damaligen) Pendant im Neuen Palais. Das Gegenstück - die "Speisung der Fünftausend" von van Dyck - gehört seit 1945 zu den Kriegsverlusten. Die "Anbetung der Hirten" wird auch heute noch in der Großen Kammer des Neuen Palais präsentiert.
A. Bauer