Der Ausbau diplomatischer Beziehungen zu Russland hatte für Friedrich II. von Preußen nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) außenpolitisch hohe Priorität. Schon 1764 schlossen die Partner einen Nichtangriffspakt, der 1769 verlängert wurde. Aus diesem Anlass gab Friedrich im gleichen Jahr bei der KPM einen Tafelaufsatz samt Dessertservice für 120 Personen für die russische Zarin Katharina II. in Auftrag, der sich bis heute in der Eremitage in St. Petersburg befindet. Bei den Figuren, die sich im Besitz der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg befinden, handelt es sich um zeitnahe Ausformungen. Im Zentrum des Aufsatzes thront eine Porträtplastik der Zarin selbst. Zu ihren Füßen ruhen Minerva, Bellona, Herkules und Mars, die mythologischen Gottheiten der Kriegskunst, des militärischen Erfolgs, der Stärke und des Kampfs. Diese Figuren wurden nicht bemalt, durch das an Marmor erinnernde Weiß scheinen sie in denkmalhafte Zeitlosigkeit entrückt. Sie unterscheiden sich bewußt von den anderen, bunt bemalten Figuren des Aufsatzes, die sich aus huldigenden Untertanen und Allegorien der Künste und Wissenschaften zusammensetzen. Das schmeichelhafte, die guten bilateralen Beziehungen beschwörende Geschenk erreichte Russland im August 1772, wenige Tage bevor Friedrich II. und Katharina II. in der sogenannten ersten polnischen Teilung gemeinsam mit Österreich wichtige Provinzen ihres Nachbarstaates annektierten.
Michaela Völkel (11/2017)