Das knapp einen Meter breite Schreibzeug steht auf einer geschweiften, in der Grundform rechteckigen Sockelplatte. In der Mitte befinden sich beidseitig gestufte Briefständer, die an der Rückseite durch ein Zierbrett mit runden, kranzumrahmten Öffnungen abgeschlossen werden. Der Ständer wird vom Schiffsbug und -heck begrenzt. Den Bug schmückt eine hochaufragende geschnitzte Gallionsfigur, das Heck seitlich zwei Fensterreihen und eine Schmuckleiste. Vor dem Briefständer befinden sich jeweils in den Sockel eingelassene Schreibutensilien: die von einem Band umrahmte Federschale, rechts und links davon Tintenfässer mit gedrechselter Wandung.
1891 hatte in Chelsea eine vom Publikum begeistert aufgenommene große Marine-Ausstellung mit über 5000 Objekten, darunter der Replik des Schlachtschiffes "Victory" von Lord Nelson in Originalgröße, stattgefunden. Kaiser Wilhelm II. und seine Frau Kaiserin Auguste Viktoria sahen diese Ausstellung während eines Staatsbesuchs. Der Überlieferung nach entstand das Schreibzeug nach dem Vorbild und aus Relikten der "Victory" zum 100. Jahrestag der Schlacht von Trafalgar 1905. Diese am 21. Oktober 1805 stattgefundene Seeschlacht am Kap Trafalgar zwischen den Briten und den miteinander verbündeten Franzosen und Spaniern war der Beginn der mehr als ein Jahrhundert dauernden britischen Vorherrschaft zur See. Sie trug indirekt zu Napoleons Niederlage auf dem europäischen Festland bei. Die englische Möbeltischlerfirma Waring & Gillow schenkte das Schreibzeug dem marinebegeisterten und anglophilen deutschen Kaiser, der es in seinem Arbeitszimmer im Berliner Schloss aufstellte.
Silke Kiesant