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Museum Schloss Lübben Regionalgeschichte [V 0014-1]
Roter Tuchrock mit angenähtem, schwarzem Samtmieder (Museumsverbund Dahme-Spreewald CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Museumsverbund Dahme-Spreewald / Kati Krüger (CC BY-NC-SA)
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Roter Tuchrock mit angenähtem, schwarzem Samtmieder

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Beschreibung

Der Tuchrock ist ein wichtiger Bestandteil der niedersorbischen Festtagstracht. Dabei steht die Farbe Rot für die ledige Frau. Es ist die Farbe der Jugend, Freude und Liebe. Verziert ist der Rock von einem mit Blüten und Ranken bemalten Seidenband und einem schwarzen Samtband. Die Breite und Anzahl der Bänder verdeutlicht die soziale Stellung der Trachtenträgerin und in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen sie lebt. Die Tracht ist bereits 1997 in unsere Sammlung gekommen und gehört zu den "Gründungsobjekten" der Museumssammlung. 1957 wurde sie hergestellt und stammt aus Byhleguhre. Unter der Inventarnummer sind Rock, Halstuch, Kittelchen und Schürze aufgenommen.

Material/Technik

Textilien

Maße

Breite
402 cm
Höhe
78 cm
Gewicht
1,425 kg
Stückzahl
1

Ausführliche Beschreibung

Der Tuchrock ist ein wichtiger Bestandteil der niedersorbischen Tracht. Dabei steht die Farbe Rot für die ledige Frau. Es ist die Farbe der Jugend, Freude und Liebe. Verziert ist der Rock von einem mit Blüten und Ranken bemalten Seidenband und einem schwarzen Samtband. Die Breite und Anzahl der Bänder verdeutlicht die soziale Stellung der Trachtenträgerin und in welchen wirtschaftlichen Verhältnissen sie lebt. Das Foto zeigt den Tuchrock in der Rückansicht. Vom untersten Punkt des Halsausschnittes am Rücken bis zum unterem Bund des Tuchrockes misst die gesamte Tracht eine Länge von 97 cm. Insgesamt hat die Tracht ein Gewicht von 1,425 kg. Beim Tragen einer vollständigen Tracht ist das schwarze Mieder nicht zu sehen, da es vom Schultertuch verdeckt wird. Eine vollständige niedersorbische Tracht besteht aus knielanger Unterhose, weißen Kniestrümpfen oder Strumpfhosen, schwarzen Riemchenschuhen, Unterrock, Tuchrock mit Samtmieder, Kittelchen, Schultertuch, Schürze, Schärpe und Haube oder Kopftuch. In den kalten Monaten tragen die Frauen zudem eine schwarze Polka.
Der Trachtenrock wurde bereits 1997 dem in der Gründung begriffenen Museum übergeben, sie stammt aus Byhleguhre. Angefertigt wurde sie 1957. Die Demographie und die sorbische Bevölkerung des Dorfes werden in dem Buch "Sorbische Volkstrachten – Die Tracht der Sorben um Cottbus" von Martin Nowak-Neumann und Lothar Balke (1991, Neuauflage) stichpunktartig beschrieben. Byhleguhre wuchs ab 1818 (603 Einwohner) bis 1946 (1230 Einwohner) und schrumpfte dann leicht bis zum letzten, erhobenen Datenpunkt um 1956 (1073 Einwohner). Im Jahre 1880 hielt Arnost Muka die Bevölkerung sowie den sorbischsprachigen Anteil fest. Aus 850 Einwohnern waren 53 % der sorbischen Sprache mächtig. Der Demograph Arnost Cernik berichtet im Jahre 1956 nur noch von einem Anteil von 6,8 % bei 1073 Einwohnern. Zudem schreibt er von 156 ständigen Trachtenträgerinnen, 6 Frauen davon im Alter von 25 - 45 Jahren. 1985 leben in Byhleguhre nur noch 12 ständige Trachtenträgerinnen.

Die meisten Trachtenröcke, so auch dieser, bestehen aus Tuch, einem festen, leicht angerauten Wollstoff. Die ersten Abbildungen sorbischer/wendischer Trachten liefert das Kostümbuch des königlichen Kupferstichkabinetts in Dresden, das auf Befehl König August des Starken von Sachsen 1700 angefertigt worden ist. In der Sächsischen Kleiderordnung von 1750 wird zudem festgelegt, dass die ländliche Bevölkerung, genauer gesagt die Bauern und Bäuerinnen, auf einheimische Stoffe wie Leinwand und Wollstoffe zurückgreifen, auf Seide und Kattun aber verzichten soll. Lediglich einzelne Accessoires oder zusätzliche Kleidungsstücke durften ausnahmsweise verziert bzw. aus edleren Materialien gefertigt sein.
Diese Tracht wurde teilweise mit Steppstichmaschine genäht, teilweise mit Hand. Auf dem Foto erkennt man die typischen Falten des Rockes am oberen Bund, die sogenannten Smokfalten. Im Inneren des Tuchrockes werden die entstandenen Falten mit Smokstichen befestigt. Diese Nähtechnik benutzt viel Stoff und zeigt daher ein gewisses Maß an Reichtum. Der gesamte Umfang dieses Tuchrockes beträgt 402 cm, wovon 378 cm in oben beschriebene Falten gelegt worden ist. Die restlichen 25 cm sind faltenlos eingenäht und bestehen aus einem anderen, einfacheren Stoff. Das Futter des Rockes besteht aus Leinen und bedeckt nur 23,5 cm des Rockes vom unteren Bund des Rockes ausgemessen. Ein nur teilweise eingenähtes Futter erlaubt Stabilität am unteren Rand des Rockes und sorgt für Sparsamkeit im Stoffverbrauch. Der Tuchrock schließt mit einer Besenborte ab, die den Stoff des Rockes und sein Futter vor Abreibung schützen soll.
Am unteren Drittel des Tuchrockes umspannt ein schwarzes, 3,5 cm breites Samtband den gesamten Rock. Das helle, aufgenähte Seidenband darüber zeigt ein regelmäßig aufgemaltes Blumenmuster, das mithilfe einer Schablonentechnik aufgetragen zu sein scheint. Meist übernahm das Trachtenträgerin selbst. Das Muster bildet sich aus zwei unterschiedlichen Blumenarten, deren grüne Stängel und Blätter die Blüten miteinander verbinden. Die offenen Rosenblüten werden von blauen, kleinblättrigen Gräsern gerahmt, die Tulpenblüten von kleinen, Maiglöckchen-ähnlichen Blütenköpfen. Die Wahl der Blumenmotive obliegt der Trachtenträgerin, die damit ihrer Individualität Ausdruck verleiht. Da der Tuchrock am Bund um die Taille in dichten Smokfalten gelegt ist, erreichen die Bänder eine Länge von 4 Metern.

Das an den Tuchrock genähte Oberteil, genannt Mieder, besteht aus schwarzen Samt und ist typisch für niedersorbische Trachten. Insgesamt besteht das Mieder aus 5 zusammengenähten Stoffteilen: zwei Front- und ein Rückteil sowie zwei Trägerteile. Zusammengesetzt ist der gesamte Rücken mit der Wiener Naht. Diese ist eine Teilungsnaht, die vom Armausschnitt ausgehend leicht bogenförmig nach unten zum Bund verläuft. Sie verleiht dem Mieder eine figurbetonende Form. Das Mieder wird vorn mit kleinen, schwarzen Haken und Ösen geschlossen.

Museum Schloss Lübben

Objekt aus: Museum Schloss Lübben

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