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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Textil [IX 980] Archiv 2021-11-14 21:36:52 Vergleich

Rückenteil einer Kasel mit gesticktem Kaselkreuz

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1# Rückenteil einer Kasel mit gesticktem Kaselkreuz1# Rückenteil einer Kasel mit gesticktem Kaselkreuz
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3[Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg](https://brandenburg.museum-digital.de/?t=institution&instnr=67)3[Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg](https://brandenburg.museum-digital.de/institution/67)
4Sammlung: [Textil](https://brandenburg.museum-digital.de/?t=sammlung&instnr=67&gesusa=226)4Sammlung: [Textil](https://brandenburg.museum-digital.de/collection/226)
5Inventarnummer: IX 9805Inventarnummer: IX 980
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7Beschreibung7Beschreibung
8Das gestickte Kreuz und der Samtgrund sind das fragmentierte Rückenteil einer Kasel, des liturgischen Obergewandes der Priester und Bischöfe bei der Messe. Wie die vielfachen Umarbeitungen zeigen, wurde die Kasel mehrfach umgeändert und verkleinert. Ihre ursprüngliche Form bildete wohl die im Mittelalter übliche Glockenkasel, die aus einem halbkreisförmigen, vorne zusammengenähten und bodenlangen Stoff bestand. Wahrscheinlich wurde sie bereits im 17. oder 18. Jahrhundert gemäß der damaligen Gepflogenheit, die noch gut erhaltenen Teile älterer Kaseln dem Stil der Zeit anzupassen, in der Länge und Breite beschnitten, wobei sie die zeitübliche Geigenform erhielt. Diesen Beschneidungen fiel schließlich das untere Bildfeld zur Hälfte zum Opfer. Auch wurde das Kaselkreuz von der Form eines Gabelkreuzes in die lateinische Kreuzform umgeändert. Eine erneute Umformung erfuhr die Kasel dann im 19. Jahrhundert, als das Rückenteil vom Vorderteil abgetrennt, der Samt ganz oder teilweise ergänzt, mit alten und neuen Tressen umsäumt und einem Baumwollstoff gefüttert wurde. Derartige Beschneidungen und Ergänzungen erfuhren liturgische Gewänder häufig, als sie als textile Kunstwerke zu begehrten Sammelobjekten avancierten, die durch die Bewegung der Priester stärker abgearbeiteten Vorderseiten beseitigt und die intakten Rückseiten als Wandschmuck wieder verwendet wurden. Die Kreuzigungsszene mit dem ermattet am Kreuz hängenden Christus, flankiert von den trauernd die Hände faltenden oder ringenden Figuren von Maria und dem Jünger Johannes, entspricht vielfach in der Druckgraphik um 1500 verbreiteten Kreuzigungsdarstellungen. An Stickereien finden sich sehr ähnliche Kreuzigungs- wie auch Heiligendarstellungen in Architekturnischen mit Kreuzrippengewölbe an Kaselkreuzen aus Köln bzw. der Gegend des Nieder- und Mittelrheins. Enge Übereinstimmungen zeigen sich etwa in einer fast identischen Gestaltung der Architektur, die hier wie dort einen in der Mitte verkröpften Bogen mit Blendrundbögen in den Schnittflächen, seitlich gedrehte Säulen und einen perspektivischen Fließenboden aufweist. Gleich einem Grundprinzip ist bei zahlreichen rheinischen Kaseln wie bei der vorliegenden der Hintergrund aus Goldfäden in Anlegetechnik mit mustermäßig in Diagonalstruktur angelegten Überfangstichen gearbeitet, die Heiligenscheine mit spiralförmig radial ausstrahlenden Musterbildern. Die Figuren und weitere Teile des Hintergrunds sind dagegen ebenfalls in Seide mit Plattstichen gearbeitet. Weitere Übereinstimmungen wie Fadenfeinheit, Material und Art der Vorzeichnungen, die Gestaltung der Gesichter wie auch das technische Detail der separat gearbeiteten und aufgenähten Heiligenfiguren - kehren ebenfalls in den Stickereien aus der Rheingegend wieder. Daher wird die Kasel in dieser Region hergestellt worden sein. Woher, wann und wie das geistliche Gewand nach Potsdam und in königlichen Besitz gelangte, ist unbekannt. Möglicherweise war es ein Geschenk des Hofstaats an Wilhelm II. und Auguste Viktoria anlässlich ihrer Silberhochzeit am 27. Februar 1906. Gräfin von Keller, die Hofdame Kaiserin Auguste Viktorias, berichtet in ihren Memoiren: "Am 27. vormittags vereinigte sich der Hofstaat unserer Majestäten im Pfeilersaal zur Übergabe unseres gemeinsamen Geschenks, eines rotsamtnen, goldgestickten Altarbehangs und eines hohen Kruzifixes nebst zwei Leuchtern in Goldbronze, mit Halbedelsteinen verziehrt, für die Hausgottesdienste." Auf diese Angabe war die Kasel bislang bezogen. Allerdings steht einer eindeutigen Verbindung mit dieser Quelle entgegen, dass die Kasel nur schwer mit einem "Altarbehang" verbunden werden kann. Zudem hat die Stickerei ihre goldene Wirkung weitgehend verloren. Möglicherweise gelangte die Kasel aber auch schon im 19. Jahrhundert in königlichen Besitz, etwa als Dankesgabe für die vielfachen Förderungen, die das Königshaus den kirchlichen Künsten gerade in der Rheinprovinz zugestand. So unterstützte beispielsweise Friedrich Wilhelm IV. maßgeblich den Kölner Dombau und Königin Augusta Handarbeitsschulen zur Ausschmückung der Kölner und Aachener Kirchen mit bestickten Paramenten. Sie könnte aber auch aus einer märkischen Kirche, etwa aus Brandenburg stammen, wo es bis heute ebenfalls rheinische Paramente gibt, und von dort geschenkt oder verkauft worden sein. 8Das gestickte Kreuz und der Samtgrund sind das fragmentierte Rückenteil einer Kasel, des liturgischen Obergewandes der Priester und Bischöfe bei der Messe. Wie die vielfachen Umarbeitungen zeigen, wurde die Kasel mehrfach umgeändert und verkleinert. Ihre ursprüngliche Form bildete wohl die im Mittelalter übliche Glockenkasel, die aus einem halbkreisförmigen, vorne zusammengenähten und bodenlangen Stoff bestand. Wahrscheinlich wurde sie bereits im 17. oder 18. Jahrhundert gemäß der damaligen Gepflogenheit, die noch gut erhaltenen Teile älterer Kaseln dem Stil der Zeit anzupassen, in der Länge und Breite beschnitten, wobei sie die zeitübliche Geigenform erhielt. Diesen Beschneidungen fiel schließlich das untere Bildfeld zur Hälfte zum Opfer. Auch wurde das Kaselkreuz von der Form eines Gabelkreuzes in die lateinische Kreuzform umgeändert. Eine erneute Umformung erfuhr die Kasel dann im 19. Jahrhundert, als das Rückenteil vom Vorderteil abgetrennt, der Samt ganz oder teilweise ergänzt, mit alten und neuen Tressen umsäumt und einem Baumwollstoff gefüttert wurde. Derartige Beschneidungen und Ergänzungen erfuhren liturgische Gewänder häufig, als sie als textile Kunstwerke zu begehrten Sammelobjekten avancierten, die durch die Bewegung der Priester stärker abgearbeiteten Vorderseiten beseitigt und die intakten Rückseiten als Wandschmuck wieder verwendet wurden. Die Kreuzigungsszene mit dem ermattet am Kreuz hängenden Christus, flankiert von den trauernd die Hände faltenden oder ringenden Figuren von Maria und dem Jünger Johannes, entspricht vielfach in der Druckgraphik um 1500 verbreiteten Kreuzigungsdarstellungen. An Stickereien finden sich sehr ähnliche Kreuzigungs- wie auch Heiligendarstellungen in Architekturnischen mit Kreuzrippengewölbe an Kaselkreuzen aus Köln bzw. der Gegend des Nieder- und Mittelrheins. Enge Übereinstimmungen zeigen sich etwa in einer fast identischen Gestaltung der Architektur, die hier wie dort einen in der Mitte verkröpften Bogen mit Blendrundbögen in den Schnittflächen, seitlich gedrehte Säulen und einen perspektivischen Fließenboden aufweist. Gleich einem Grundprinzip ist bei zahlreichen rheinischen Kaseln wie bei der vorliegenden der Hintergrund aus Goldfäden in Anlegetechnik mit mustermäßig in Diagonalstruktur angelegten Überfangstichen gearbeitet, die Heiligenscheine mit spiralförmig radial ausstrahlenden Musterbildern. Die Figuren und weitere Teile des Hintergrunds sind dagegen ebenfalls in Seide mit Plattstichen gearbeitet. Weitere Übereinstimmungen wie Fadenfeinheit, Material und Art der Vorzeichnungen, die Gestaltung der Gesichter wie auch das technische Detail der separat gearbeiteten und aufgenähten Heiligenfiguren - kehren ebenfalls in den Stickereien aus der Rheingegend wieder. Daher wird die Kasel in dieser Region hergestellt worden sein. Woher, wann und wie das geistliche Gewand nach Potsdam und in königlichen Besitz gelangte, ist unbekannt. Möglicherweise war es ein Geschenk des Hofstaats an Wilhelm II. und Auguste Viktoria anlässlich ihrer Silberhochzeit am 27. Februar 1906. Gräfin von Keller, die Hofdame Kaiserin Auguste Viktorias, berichtet in ihren Memoiren: "Am 27. vormittags vereinigte sich der Hofstaat unserer Majestäten im Pfeilersaal zur Übergabe unseres gemeinsamen Geschenks, eines rotsamtnen, goldgestickten Altarbehangs und eines hohen Kruzifixes nebst zwei Leuchtern in Goldbronze, mit Halbedelsteinen verziehrt, für die Hausgottesdienste." Auf diese Angabe war die Kasel bislang bezogen. Allerdings steht einer eindeutigen Verbindung mit dieser Quelle entgegen, dass die Kasel nur schwer mit einem "Altarbehang" verbunden werden kann. Zudem hat die Stickerei ihre goldene Wirkung weitgehend verloren. Möglicherweise gelangte die Kasel aber auch schon im 19. Jahrhundert in königlichen Besitz, etwa als Dankesgabe für die vielfachen Förderungen, die das Königshaus den kirchlichen Künsten gerade in der Rheinprovinz zugestand. So unterstützte beispielsweise Friedrich Wilhelm IV. maßgeblich den Kölner Dombau und Königin Augusta Handarbeitsschulen zur Ausschmückung der Kölner und Aachener Kirchen mit bestickten Paramenten. Sie könnte aber auch aus einer märkischen Kirche, etwa aus Brandenburg stammen, wo es bis heute ebenfalls rheinische Paramente gibt, und von dort geschenkt oder verkauft worden sein.
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10Uta-Christiane Bergemann10Uta-Christiane Bergemann
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12Material/Technik12Material/Technik
13Seide, Anlegetechnik, mit geraden und mustermäßigen Überfangstichen, Plattstich, Spaltstich, Sternenstich,beigegrau - Goldgespinst - Leinen - Wolle - Stickgrund: Leinen, Leinwandbindung13Seide, Anlegetechnik, mit geraden und mustermäßigen Überfangstichen, Plattstich, Spaltstich, Sternenstich, beigegrau - Goldgespinst - Leinen - Wolle - Stickgrund: Leinen, Leinwandbindung
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15Maße15Maße
16Hauptmaß: Höhe: 112.00 cm Breite: 65.00 cm16Hauptmaß: Höhe: 112.00 cm Breite: 65.00 cm
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23 + wo: [Niederrhein (Region)](https://brandenburg.museum-digital.de/?t=oak&ort_id=3644) <span>[wahrsch.]</span> 23 + wo: [Niederrhein (Region)](https://brandenburg.museum-digital.de/oak?ort_id=3644) <span>[wahrsch.]</span>
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27 + wo: [Mittelrhein (Region)](https://brandenburg.museum-digital.de/?t=oak&ort_id=577) <span>[wahrsch.]</span> 27 + wo: [Mittelrhein (Region)](https://brandenburg.museum-digital.de/oak?ort_id=577) <span>[wahrsch.]</span>
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29## Literatur29## Literatur
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37Stand der Information: 2021-11-14 21:36:5237Stand der Information: 2023-05-12 11:56:07
38[CC BY-NC-SA @ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)38[CC BY-NC-SA @ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg](https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/)
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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Objekt aus: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Die Hohenzollern ließen ab dem 17. Jahrhundert neben ihrer Hauptresidenz in Berlin verschiedene Schloss- und Gartenanlagen in der Havellandschaft bei...

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