Darstellung einer jungen Frau in einem Kleid aus feinem, den Körper umfließenden Stoff. Sie sitzt auf einem behauenen Felsblock. In der Hand des linken über den Kopf erhobenen Arms hält sie ein Faserknäuel, mit der rechten Hand dreht sie den Spinnfaden, an dem eine Fallspindel hängt. Dreiviertelansicht der von Schadow 1816 modellierten „Spinnerin“ von rechts.
Unmittelbar nach der Fertigstellung des Modells fertigte Ignazio Podio, „ein guter Zeichner“ aus Rom (Memorie romane […] di belle arti, Rom 1825, S. 274), in Schadows Auftrag zwei perspektivische Ansichten des plastischen Bildwerks an, die Domenico Marchetti sogleich druckgraphisch umsetzte. Beide Kupferstiche wurden bereits auf der im September desselben Jahres stattfindenden Akademie-Ausstellung in Berlin präsentiert (Nr. 135: Herr Marchetti. Die Spinnerin, nach Rudolph Schadow, zwei Blätter.) Der Kupferstecher, ein Schüler von Giovanni Volpato, hatte mit seinen Reproduktionsgraphiken wesentlichen Anteil an der Verbreitung der Werke zeitgenössischer Künstler in Rom, darunter Antonio Canova, Bertel Thorvaldsen oder Vincenzo Camuccini.
Die beiden von Ignazio Podio ausgeführten Originalzeichnungen gelangten aus dem Nachlass Ridolfo Schadows in den Besitz seines Vaters Gottfried Schadow. Sie wurden 1824 zum Gedenken an den zwei Jahre zuvor verstorbenen Bildhauer auf der Berliner Akademie-Ausstellung gezeigt (Nrn. 405g, 405h). In dem damals dem Publikum präsentierten Konvolut befand sich auch eine Zeichnung Podios von der „Sandalenbinderin“ [vgl. SPSG, GK II (10) 1845].
Ein Nachdruck von Marchettis Kupferstich der „Spinnerin“ fand Aufnahme in die „Abbildungen von den Bildhauer-Arbeiten des Dr. Johann Gottfried Schadows, seines Sohnes Ridolfo Schadows und der Transparent-Gemälde des Professors Kolbe, nach Gedichten des Wolfgang von Göthe, Berlin 1849“, Tafel XXX (rechts).
Eine auf die Umrisskontur reduzierte Wiedergabe dieses überaus populär gewordenen plastischen Bildwerks schuf der in Berlin tätige Kupferstecher Johann Daniel Laurenz jun., abgebildet in: Neue Berliner Monatsschrift für Philosophie, Geschichte, Literatur und Kunst, 1, Berlin 1821, Tafel 2 vor S. 515. Sie entstand im Kontext der Berichterstattung über die Erwerbung einer der insgesamt acht nachzuweisenden Marmorfassungen dieser Skulptur durch König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (SPSG, Skulpt. Slg. 5579).
Claudia Sommer
Provenienz: Sammlung Dr. Stephan Seeliger, München; Galerie Bassenge, Berlin [Auktion 118, Los 6316]; erworben 2021.
de