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Museum Neuruppin [V-0219-E]
Christian Friedrich Kleemeyer, Bodenstanduhr, um 1800/1810, Inv. Nr. V-0219-E (Museum Neuruppin CC BY)
Herkunft/Rechte: Museum Neuruppin / Oliver Ziebe, Berlin (2020) (CC BY)
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Christian Friedrich Kleemeyer, Bodenstanduhr, um 1800/1810, Inv. Nr. V-0219-E

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Beschreibung

Das helle Kirschbaumholz-Gehäuse besitzt eine einfache Konstruktion ohne dekorative Ornamentik und besteht aus drei Teilen: dem auf vier Füßen stehenden Sockel, Pendelkasten und Kopf. Am Mittelteil befindet sich eine Tür mit profiliertem Rahmen. Auch am Uhrenkopf gibt es vorn eine Tür und einen zweifach getreppten Aufsatz, der üblicherweise zur Aufnahme einer bekrönenden Dekoration, zum Beispiel einer Vase, benutzt wurde, hier aber leer bleibt.
Über fünf Generationen befand sich die Uhr im Besitz der Familie des Dichters und Schriftstellers Theodor Fontane (1810-1898). Sein Großvater Pierre Barthélemy Fontane (1757-1826) erwarb sie etwa in der Zeit zwischen 1800 und 1810, was aufgrund der stilistischen Einordnung der Uhr und der Lebens- und Schaffensdaten des Uhrmachers Christian Friedrich Kleemeyer (1771-1813) nachvollziehbar erscheint. Pierre Barthélemy erteilte den ältesten Prinzen, den Kindern des Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise von Preußen, Zeichenunterricht. Später nahm ihn Luise als Kabinettssekretär in ihren persönlichen Dienst. Nach der Flucht des Hofes nach Königsberg (1806 nach der für Preußen vernichtenden Schlacht von Jena und Auerstedt) erhielt er das Amt des Kastellans von Schloss Schönhausen. Fontanes Vater Louis Henri (1796-1867), Apotheker in der Neuruppiner Löwen-Apotheke, erbte die Uhr 1826. Nach dessen Tod erhielt sie sein Sohn Theodor, der sie in seinem Arbeitszimmer in der Potsdamer Straße 134c in Berlin aufstellte. Ein knapp zwei Monate nach Theodors Tod entstandenes Aquarell von Marie von Bunsen (Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv. Nr.: VII 59/474 W) zeigt die Situation in dem Raum: Deutlich wiedererkennbar steht die Uhr neben dem Schreibtisch am Fenster. Schließlich erbte Friedrich Fontane (1864-1941), der jüngste Sohn von Theodor und Emilie Fontane, das Stück und gab es wiederum an seine Kinder weiter. Etwa ein Jahr vor seinem Tod schrieb er die Familienüberlieferung zur Standuhr nieder. Diese zwei handgeschriebenen Zettel befinden sich an der Innenseite der Uhrentür. Der erste berichtet: „Diese Wanduhr ist nach der Erzählung meiner 1917 verstorbenen Schwester, die Näheres darüber von unsern Eltern gehört haben wird, das älteste Erinnerungsstück aus der Familie Fontane. Nach ihren Angaben befindet sie sich jetzt bei mir in der VIten Generation. Auf Wunsch meiner Eltern ist sie an mich vererbt worden, (…).“ Des Weiteren erklärt Friedrich Fontane hier, warum die Uhr ausgerechnet an seinen Vater ging und schreibt außerdem, dass Kleemeyer „Hof=Uhrmacher bei Friedr. dem Grossen“ gewesen sei, „was nicht ausschließt, daß die Uhr schon unter der Regierung des Vaters Friedrichs des Grossen gebaut wurde.“ – Hier irrt Friedrich, denn diese zeitliche Einordnung passt nicht zur Entstehungszeit der Uhr um 1800/1810. Damit kann sie auch nicht in der sechsten Generation in der Familie gewesen sein.
Wenige Monate nach Friedrich Fontanes Ableben verkauften seine Kinder die Standuhr im Dezember 1941 dem damaligen Kreis-Zietenmuseum (heute: Museum Neuruppin). Im Inventarbucheintrag von 1961 heißt es unter „Bemerkung“: „Fontane Enkel (Verkäufer des Familienerbstücks Theodor Fontanes)“. (Silke Kiesant)

Beschriftung/Aufschrift

auf dem Zifferblatt: C. F. Kleemeyer IN BERLIN

Vergleichsobjekte

Museum für Hamburgische Geschichte, Inv. Nr. 1919.301, Dielenuhr, bez. „ERNST KLEEMEYER A BERLIN“
Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, Inv. Nr. 1910, 437, Eckschrank mit Uhrenaufsatz, bez. „C. E. Kleemeyer in Berlin“
Privatbesitz, Dresden, Bodenstanduhr, bez. „C. F. Kleemeyer IN BERLIN“
Privatbesitz, Schwerin, Eckschrank mit Uhrenaufsatz, bez. „C. F. Kleemeyer IN BERLIN“
Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv. Nr. KH 98-87 UH, Ernst Kleemeyer, Uhrwerk einer Bodenstanduhr, um 1770

Material/Technik

Gehäuse: Kirschbaumholz; Uhrwerk: Messing, Stahl, 2 Gewichte: Blei; Glas, Email, früher Darm- jetzt Kunststoffsaite

Maße

Höhe 198,8 cm, Breite 44,5 cm, Tiefe 25 cm

Ausführliche Beschreibung

Das rechteckige Messing-Vollplatinenwerk (H: 16 cm; B: 11,53 cm; Platinenstärke: 0,28 cm, Werkpfeiler mit abgeflachtem, mittigem Nodus und konischen Ansätzen zu den Platinen, H: 6,2 cm), Kadratur auf der Vorderplatine, verfügt über ein Rechenschlagwerk, eine große Glocke über dem Werk, Ankerhemmung (Clementhemmung), Sekundenpendel mit Pendelfeder und Gewichtsantrieb sowie Datumsanzeige. Der Gewichtsaufzug ist mit Bleigewichten, die über „loser Rolle“ auf synthetischen Seilen (ursprünglich Darmsaiten) laufen, ausgestattet.
Das schüsselförmige Email-Zifferblatt (D: 23 cm) zeigt große arabische Stunden- und kleinere 15-Minutenziffern, eine Minuterie mit Punkten, die Fünfminuten zwischen den Viertelstunden hervorgehoben durch einen kräftigen Punkt mit zwei kleineren Nebenpunkten. Im Innenkreis sind die Datumsziffern 1 bis 31 in Zweierschritten angeordnet, getrennt durch vier rautenförmig angeordnete Punkte. Zwei Aufzugslöcher liegen bei 4 und 8. Die vergoldeten Messing-Zeiger sind durchbrochen gearbeitet und graviert. Der ebenfalls durchbrochene, aber nicht gravierte Datumszeiger aus geschwärztem Stahl besitzt eine lanzenförmige Spitze. Er ist nicht mehr original, sondern wurde während des Ersten Weltkrieges in veränderter Form von einem Uhrmacher in Berlin-Schmargendorf erneuert. Über der 60 befindet sich der Abstellhebel für das Schlagwerk.
In seiner Uhrenbeschreibung erwähnt Friedrich Fontane, dass die Uhr in den 40 Jahren, in denen sie in seinem Besitz war, nur einmal gereinigt wurde. Weiter vermerkt er, dass während der Inflationszeit eine Saite gerissen sei und ein Neuruppiner Uhrmacher eine neue aus Berlin besorgen musste, die aber etwas zu dick gewesen sei, weshalb die Uhr beim Aufziehen quietsche.
Der Verfertiger der Mechanik, Christian Friedrich Kleemeyer, war einer der beiden Söhne des berühmten Berliner Uhrmachers Christian Ernst Kleemeyer (1739-1799). Wie sein Bruder Carl Heinrich Ernst hatte er seine Lehrzeit in der väterlichen Werkstatt absolviert. Das Grundmodell des schlichten, fast schmucklosen Gehäuses aus einfachen geometrischen Körpern gab es schon um 1790 bei Christian Ernst Kleemeyer. Jener benutzte häufig edle Furniere aus geflammtem Mahagoni und Ebenholz und ließ sie sparsam mit feuervergoldeten Bronzeornamenten dekorieren. Für bürgerliche Haushalte wandelte Christian Friedrich diese vornehme Variante um 1800 ab und nutzte vor allem heimische Hölzer für die Gehäuse. Nach dem Tod des Vaters übernahm er dessen Berliner Uhrenmanufaktur und führte sie bis zu seinem eigenen Ableben 1813 weiter. In dieser Zeit, in die der soziale Aufstieg von Pierre Barthélemy Fontane fiel, muss die Uhr entstanden sein. Sie zeichnet sich durch ein solides und präzises Uhrwerk von großer Zuverlässigkeit aus und funktioniert noch heute tadellos. (Franka Görike, Silke Kiesant)

Literatur

  • Kiesant, Silke (2019): Fontanes Erbstück – Die Standuhr des Berliner Uhrmachers Christian Friedrich Kleemeyer im Museum Neuruppin. In: Jahrbuch Ostprignitz-Ruppin 2019, S. 24-33 (dort weitere Archivalien, Literatur und das Zimmer-Aquarell von Marie von Bunsen)
  • Zimmermann, Carola Aglaia (2019): Fontanes Taktgeber – Die Fontane-Uhr im Museum Neuruppin. In: Jahrbuch Ostprignitz-Ruppin 2019, S. 34-37
Karte
Hergestellt Hergestellt
1800
Christian Friedrich Kleemeyer
Berlin
Gekauft Gekauft
1941
Museum Neuruppin
Neuruppin
Besessen Besessen
1800
Pierre Barthélemy Fontane
Besessen Besessen
1826
Louis Henri Fontane
Neuruppin
Besessen Besessen
1867
Theodor Fontane
Berlin
Besessen Besessen
1898
Friedrich Fontane
1799 1943
Museum Neuruppin

Objekt aus: Museum Neuruppin

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