Der Bildteppich zeigt die Heerschau der brandenburgischen Truppen auf dem vereisten kurischen Haff zu Beginn des Winterfeldzugs gegen die nach Preußen vorgedrungenen Schweden Anfang des Jahres 1679. Da das Kriegsgeschehen im Winter gewöhnlich ruhte, konnten die Brandenburger den Überraschungseffekt zu ihren Gunsten nutzen.
Kurfürst Friedrich Wilhelm sitzt mit Pelzmütze und Pelzschaube in einem sechsspännigen Schlitten, begleitet von seinem berittenen Gefolge. Den Mittelgrund füllen die in Kolonnen geordneten Truppen. Dahinter zeigte sich einst das Haff und dahinter die kurische Nehrung. Heute ist aufgrund von Lichtschäden und Substanzverlust an dem Bildteppich davon kaum etwas zu erkennen. Entgegen der historisch getreuen Wiedergabe von Schauplätzen, die alle Tapisserien der Serie auszeichnet, ist der Kastanienbaum am linken Bildrand vollständig belaubt. Auch nehmen hier die Darstellungen in den Bordüren keinen Bezug zum Hauptgeschehen.
Die Tapisserie gehört zu der Folge der „Kriegstaten des Großen Kurfürsten“, die seine ruhmreichen Feldzüge der Jahre 1675 bis 1679 gegen die Schweden ins Zentrum stellt. Der Kurfürst inszeniert sich hier als siegreicher Feldherr, der seine Gebietsansprüche bekräftigt, denn die von ihm eroberten Gebiete Vorpommerns wurden im Frieden von Saint-Germain-en-Laye (1679) im Interesse des europäischen Gleichgewichts wieder Schweden zugesprochen. Bildteppiche galten bis weit ins 18. Jahrhundert hinein als wirkungsvolles Mittel zur Inszenierung fürstlicher Macht. Die Stadt- und Landschaftsansichten der Hintergründe gehen auf Zeichnungen des Holländers Abraham Jansz Begeijn zurück, der 1688 als kurfürstlich brandenburgischer Hofmaler bestallt wurde. Die Anteile der nachweislich für diese Serie entwerfenden Künstler Rutger von Langenfeld, Paul Carl Leygebe sowie der Gebrüder Jean-Francois und Alexander Casteels sind kaum bestimmbar. Ursprünglich bestand die Serie aus acht Wandteppichen. Der „Sieg von Warschau“ und die „Eroberung von Anklam“ sind zwischen 1786 und 1891 verlorengegangen. Fünf der sechs erhaltenen Tapisserien befinden sich heute im Schloss Oranienburg.
Susanne Evers
de