Aufgrund ihrer Materialverwendung stellen die beiden Halbschränke ein Kuriosum unter den Möbeln im Stil André-Charles Boulles dar. Im Oktober 1842 für das Vortragszimmer in Schloss Charlottenburg in Berlin angekauft, gab es bereits achts Jahre später deutliche Abnutzungs- und Beschädigungsspuren. Das Hofmarschallamt sah sich deshalb genötigt, eine Reparatur einzuleiten. In diesem Zusammenhang ist die Technik schriftlich niedergelegt: Die Boullemarketerie, sonst aus Schildpattfurnier mit eingelegten und gravierten Messingornamenten gearbeitet, ist auf Messingplatten mit Lacken aufgemalt. Da aus einem Briefwechsel die persönliche Erwerbung König Friedrich Wilhlem IV. hervorgeht, könnte es sich um eine bestellte Arbeit handeln, vor allem da die Motive auf der Tür und den Seitenfeldern formal und hinsichtlich der Maße identisch auf einem wahrscheinlich bereits früher erworbenen französischen Halbschrank wiederkehren. Eine Herstellung in Berlin ist daher nicht ausgeschlossen, zumal nicht nur französische, sondern auch Berliner Tischler preiswerte Surrogate für Boulle-Marketerien einsetzten.
Henriette Graf
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