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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Dauerleihgabe des Museums für Vor- und Frühgeschichte

Dauerleihgabe des Museums für Vor- und Frühgeschichte

Die Objekte in dieser Gruppe kamen bei archäologischen Ausgrabungen am Standort des ehemaligen Kunckel-Laboratoriums auf der Berliner Pfaueninsel 1972 bis 1974 zutage. Sie gehören zum Bestand des Museums für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Derzeit befinden sich die Funde als Dauerleihgabe bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, die ausgewählte Fragmente in der Meierei der Pfaueninsel ausstellt.

[ 30 Objekte ]

Spindeltöpfchen für Zwirnmühlen

Zahlreiche kleine, massive Hütchen mit eingestochener Mulde aus Glas in diversen Grüntönen, korrodiert und irisiert. Spindeltöpfchen, auch Glaslager oder Lagerpfannen aus Glas genannt, hielten die sich um ihre Längsachsel drehenden Spindeln in Zwirnmühlen, die im 18. und 19. Jahrhundert für das Spinnen von Seide in Verwendung waren. Anders als teure Metalllager ließen sich die Glaslager einfach und schnell in einer kleinen zangenförmigen Handpresse herstellen. Überdies mussten sie nicht mit kostspieligem Schmiermaterial sondern einfach mit Wasser geschmiert werden (Van den Bosche, Glaslager, 2017, S. 35). In Brandenburg führte Kurfürst Friedrich Wilhelm um 1685 die Seidenraupenzucht ein. Die Spindeltöpfchen wurden am ehemaligen Standort von Johann Kunckels Laborhütte auf der Berliner Pfaueninsel im Boden gefunden. Vermutlich waren sie für kurfürstliche Zwirnmühlen bestimmt. Sie belegen, dass Kunckel die Hütte nicht nur für Experimente, sondern auch rein wirtschaftlich nutzte. [Verena Wasmuth]

Fragmente von Glasapplikationen

Scherben von applizierten Dekorelementen aus grünem, braunem, blauem und weißem Glas, teils gekniffen und gewalzt, irisiert. Derartige Applikationen zierten bekanntermaßen die imposanten Flügelgläser nach venezianischer Art, frei in noch zähflüssigem Zustand am Ofen geformt. Die Bodenfunde kamen bei archäologischen Ausgrabungen am Standort der ehemaligen Versuchsglashütte von Johann Kunckel auf der Pfaueninsel zutage (vgl. Rau, Das Glaslaboratorium, 2009, S. 50, Taf. 36, 1–4). Sie belegen, dass in Brandenburg-Preußen im ausgehenden 17. Jahrhundert Glas à la façon de Venise hergestellt wurde und dass man dort Variationen der Muraneser Vorbilder mit fantasievoll geformten Dekorteilen und gekniffenen Blattelementen in vielerlei Farben entwickelte. Andernorts entstanden lediglich Beispiele mit Applikationen in Blau (Theuerkauff-Liederwald, Venezianisches Glas, 1994, Kat. 284–295, S. 295–299). Leider ist kein intaktes Flügelglas aus Brandenburg überliefert. Die Funde zeigen hingegen, dass unter den nordalpinen Flügelgläsern mit ungesicherter Zuschreibung auch brandenburgische Stücke sein könnten. In den Inventaren von Schloss Köpenick (1682 und 1705) und Schloss Oranienburg (1699) sind überdies Kelchgläser mit plastischem, "buntem" Blumendekor dokumentiert (vgl. Netzer, Was großes Aufsehn macht, 2001, S. 69 und Inventar Schloss Köpenick von 1705, Nr. 339, fol. 188). Einige der Fragmente könnten in diesen Kontext gehören. [Verena Wasmuth]

Gekniffene Glasapplikationen

Scherben von Dekorteilen aus Glas in Lichtgrün, diversen Rottönen, Blau, Braun und Honiggelb. Die Fragmente wurden am ehemaligen Standort einer Glashütte auf der Berliner Pfaueninsel im Erdreich gefunden (vgl. Rau, Das Glaslaboratorium, 2009, Taf. 36, 1–4). Dort experimentierte der Alchimist Johann Kunckel zwischen 1685 und 1688 im Auftrag von Kurfürst Friedrich Wilhelm mit neuartigen Glasfarben. Wie die Grabungsfunde belegen, ließ Kunckel seine Glasmacher Objekte mit opulentem Schmuck aus diesen innovativen Glasmassen herstellen, aus gedrehten, gekniffenen und applizierten Dekorelementen, die an Blätter erinnern und beispielsweise dem Schaft eines Flügel- oder Scherzglases angeschmolzen wurden. Mangels intakt überlieferter Beispiele dieser Experimente bleibt ihre ursprüngliche Gestalt unserer Fantasie überlassen. [Verena Wasmuth]

Fragmente aus Kristallglas

Drei Scherben aus sehr reinem, farblosem Glas, teils geblasen, teil gezogen, alle ofengeformt. Diese Bodenfunde stammen vom ehemaligen Standort des Glaslaboratoriums von Johann Kunckel auf der Pfaueninsel in der Havel bei Berlin, das lediglich von 1685 bis 1688 in Betrieb war. Bemerkenswert ist der ausgesprochen hohe Grad ihrer Reinheit. Sie belegt die sorgfältige Auswahl und Vorbehandlung der Rohstoffe Sand, Pottasche, Kreide, eine kleine Menge Braunstein und Arsen. Der Alchemist hat auch mit Weinsteinsalz und Salpeter experimentiert. Neben seinen Verdiensten um das Farbglas, insbesondere das Goldrubinglas, ist Kunckels Ruhm auf eben diesem hochwertigen "Crystall" begründet und damit einhergehend das Renommee der Potsdamer Glashütte. Bei den beiden aufgeblasenen Fragmenten links und oben könnte es sich um den Schaft oder den Knauf eines Kelches, eventuell auch um eine Leuchterscheibe handeln, bei dem frei geformten Fragment unten eventuell um eine Flügelapplikation oder um die Öse eines Behangteils, möglicherweise für einen Leuchter. Dass Kunckel sich mit der Herstellung von Kronleuchtern beschäftigt haben soll, gilt als gesichert (vgl. Klappenbach, Kronleuchter, 2019, S. 88). Gläserne Ösen sind allerdings erst später für die von Messingringen getragenen Pendeloquen dokumentiert (vgl. Krünitz, Oekonomische Encyklopädie, 1773, S. 621) und überlieferte Vergleichsbeispiele aus jüngerer Produktion sind deutlich kleiner. [Verena Wasmuth]

Fragmente von Glasperlen

Drei Bruchstücke von Perlen, das eine aus Rubinglas mit einem Überfang aus Kristallglas, das zweite aus Kreideglas mit eingeschmolzenem Goldstaub, das dritte mit einem gekämmten Dekor aus Milch-, Rubin- und kobaltblauem Glas. Die Fragmente stammen vom ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel, die der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm dem Alchemisten Johann Kunckel übertragen hatte. In der Zeit zwischen 1685 und 1688 stellte Kunckel hier privilegiert Glasperlen, damals als "Corallen" bezeichnet, für die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie her, die unter kurfürstlicher Aufsicht für den Überseehandel zwischen Brandenburg, der Festung Groß-Friedrichsburg an der afrikanischen Westküste und Nordamerika verantwortlich war. Diese Perlen waren den vorkolonialen Schmuckstücken nachempfunden, auch Akori, Aggry oder speziell die mehrfarbigen Aggrey genannt. In der Regel handelte es sich dabei um zylindrische, kurze Röhrchen, aber auch kleine und große Kugelformen sind überliefert. Ihre antiken Vorbilder aus Ägypten, Phönizien, dem Römischen Reich, später aus Murano oder auch einheimischer Produktion galten bei den Einheimischen als nahezu unbezahlbar. Die in der Glashütte Pfaueninsel erzeugten Glasperlen kamen als Tauschware im Versklavungshandel wie auch gegen Kolonialwaren zum Einsatz. Insbesondere die roten "Corallen" waren begehrt. Das Fragment zeigt, dass diese nicht aus durchgefärbtem, sondern lediglich aus farblos überfangenem – und damit preiswerterem – Rubinglas bestanden. [Verena Wasmuth]

Henkel aus Glas

Ofengeformte und formgepresste Henkel aus grünem Glas in unterschiedlichen Größen und Stärken. Das Konvolut stammt von archäologischen Ausgrabungen am ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel in der Havel nahe Potsdam, die Johann Kunckel von 1685 bis 1688 leitete und für Farbglas-Experimente nutzte. Die enorme Anzahl separat am Ofen gefertigter Henkel belegt überdies die dort praktizierte vorindustrielle Serienfertigung von Glasgefäßen, zum Beispiel Schalen, Flaschen oder Kannen mit angeschmolzenen Henkeln aus einfachem Waldglas: Während ein Glasmacher die Gefäße produzierte, widmete sich ein anderer im Akkord dem Formen bzw. Formpressen dieser Henkel. Die Manufaktur war demnach nicht ausschließlich eine Experimental- und Kristallglashütte, sondern hatte ein Sortiment an Gebrauchsgläsern aus einfachem Waldglas im Programm. Monica und Günter Rau identifizieren die kleinen Henkel als Tassenhenkel (Rau, Das Glaslaboratorium, 2009, S. 49, Taf. 19). Henkeltassen kamen hingegen erst um 1735 auf. [Verena Wasmuth]

Fragmente von Rippenschalen und -flaschen

Zahlreiche Scherben aus hellgrünem Glas mit einem Überfang, dessen Oberfläche senkrechte Rippen trägt. Die Einzelscherben gehören zu diesem teilrekonstruierten Schalentyp, manche aber auch zu Flaschen, deren gebauchte Wandung mit senkrechten Rippen, durch das Eindrücken des schalenförmigen Überfangs in eine offene Rippenform erzeugt wurde (a mezza stampaùra), während der langgezogene Hals glatt blieb, wie einige der Fragmente belegen. Sie kamen am Standort der Kunckelschen Glashütte auf der Pfaueninsel zutage. Ein Fundkomplex ließ sich als Fragment einer Rippenschale mit angeschmolzenem Standring und einem angesetzten Henkel aus zwei aneinandergesetzten Glaswülsten zusammensetzen. Robert Schmidt zitierend hat die Literatur bislang angenommen, die Glashütte Pfaueninsel sei für Johann Kunckels Experimente zur Entwicklung neuer Farbgläser, die Herstellung des kostbaren Goldrubinglases sowie der Glasperlen für die afrikanische Kolonie Groß-Friedrichsburg reserviert gewesen (Rau, Das Glaslaboratorium, 2009, S. 49; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 32f.). Möglicherweise widerlegen die Bodenfunde diese Annahme. Andererseits könnte es sich dabei ebenso um angekaufte Scherben handeln, die in einer anderen Glashütte hergestellt worden waren. Damals war es nämlich üblich, durch die Zugabe von Glasbruch die Schmelztemperatur sowie -dauer des Glasgemenges deutlich zu reduzieren. Einer dritten Theorie folgend könnten die Fragmente zu Vorratsbehältnissen gehört haben, die zum Laboratorium gehörten. Dass Kunckel kostspielige Zutaten für seine Versuche importierte, ist dokumentiert (ebd.). Da keine intakten Rippenschalen oder -flaschen dieser Machart aus grünem Glas mit brandenburgischer Provenienz überliefert sind, lässt sich eine Zuschreibung nicht ohne Vorbehalt machen. Die große Menge nahezu formidentischer Scherben macht jedoch die Vermutung wahrscheinlich, dass sie tatsächlich auf dem Pfauenwerder produziert wurden, möglicherweise als Teil einer Versuchsreihe zur Strukturierung von Gefäßwandungen nach venezianischen Vorbildern. Mehrere Potsdamer Flaschen aus Goldrubinglas a mezza stampaùra sind aus der Literatur bekannt (vgl. Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 30, S. 100f.; Kerssenbrock-Krosigk, Goldrubinglas, 2001, S. 110–112; Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv. Nr. II 62/519, 1,2 A). Es handelt sich also keinesfalls um einen optischen Dekor, wie fälschlich von Monica und Günter Rau angenommen. Aus dem gleichen Fundkomplex stammen Scherben mit demselben Rippendekor aus kobaltblauem Glas. [Verena Wasmuth]

Fragmente von Achatglas

Flache, opake Scherben aus marmoriertem Achatglas, changierend in Dunkel- und Hellblau, Grün und Gelb. Achatglas ist im Deutschen die geläufigste Bezeichnung für diese Glasart, die bereits im 15. Jahrhundert aus Murano überliefert und auch als Chalzedon-, Jaspis- oder Onyxglas bekannt ist. Dass sich Johann Kunckel (um 1635–1703) mit der Herstellung dieses Steinimitats beschäftigt hat, ist zudem anhand eines überlieferten Bechers, changierend in Rot-, Orange-, Violett- und Brauntönen, im Museum – Naturalienkabinett Waldenburg dokumentiert (vgl. Götzmann/Kaiser, Gläserne Welten, 2017, Kat. 27; Theuerkauff-Liederwald, Becher-Gläser, 2007). Der Scheibencharakter der Fragmente verweist auf eine Tellerform oder die Verwendung als Auflage, etwa eines Kabinettschranks. In Schloss Monbijou soll sich 1738 ein "kleiner Aufsatz von sieben Stücken auf agatene Art" befunden haben, die mit diesen Scherben in Verbindung stehen könnten (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 59). Ein von der Stiftung Stadtmuseum Berlin seit 1945 als Kriegsverlust geführter Pokal aus ganz ähnlichem Achatglas publizierte Robert Schmidt als Zechliner Produkt aus der Zeit um 1800 (vgl. ebd., Abb. 17, S. 60), während Gustav Pazaurek diesen "früh ins 18. Jahrhundert" datierte (Gustav Pazaurek, Zur Geschichte des Biedermeierglases, in: Der Ciccerone, 1922, Fn. 2, S. 222). Das Wiener Auktionshaus Im Kinsky versteigerte den Pokal, der nach deutschem Recht zweifelsfrei der SSB gehört, im Juni 2020 als Produkt Kunckels von circa 1685 (Los 584). [Verena Wasmuth]

Scherben aus kobaltblauem Glas

Kobaltblaue Glasfragmente unterschiedlicher Form, neben Stäben überwiegend Scherben von Gefäßwandungen, teils mit kräftigen Rippen dekoriert. Bei den Scherben mit Rippenstruktur handelt es sich um frühe Experimente mit bzw. Variationen der in Murano entwickelten Technik "mezza stampaùra", bei der der untere Teil eines Gefäßkörpers mit einer zweiten Glasschicht überfangen wird, bevor man ihn in ein offenes Model mit Rippenstruktur drückt. Dass sich der Alchemist mit der Oberflächenstrukturierung von Hohlgläsern beschäftigt hat, belegen weitere Scherben aus diesem Fundkomplex, die wie diese ebenfalls in der Meierei auf der Pfaueninsel ausgestellt sind. Da die Fragmente in den frühen 1970er Jahren bei archäologischen Ausgrabungen auf dieser Insel in der Havel zutage kamen, dem Standort der Glashütte Johann Kunckels, ist ihre Datierung in die Jahre 1685 bis 1688 gewiss. Die nahezu gekämmt aussehende Korrosion auf der Oberfläche der Scherben mit Rippen verweist auf die Instabilität der Glasmasse, wohl verursacht durch einen zu großen Anteil Flussmittel in Form von Pottasche. Kunckel wird diese hohe Dosierung veranlasst haben, um ein "langes Glas", ein lange flüssig bleibendes Glas nach venezianischem Vorbild zu bekommen, mittels dessen der Dekor a mezza stampaùra umgesetzt werden konnte. [Verena Wasmuth]

Scherben aus Milch- und Opalglas

Fragmente von Hohlgefäßen aus opakweißem, getrübt milchig weißem und opakhellblauem Glas. Mit dem Eintreffen Johann Kunckels in Potsdam 1679 begann die Potsdamer Hofglashütte, feine Luxuswaren aus weißem Glas herzustellen. Die weiße Farbe erreichte er durch den Zusatz von Zinnasche sowie Knochenasche, meist von Schafen, milchblaue Glaswaren mittels schwarzem Meersalz (Kunckel, Ars Vitraria Experimentalis, 1679, S. 94). Obgleich 1738 allein im Bestand von Schloss Monbijou 86 Objekte aus Milchglas gelistet waren, ist kein einziges intaktes Stück mit brandenburgischer Provenienz überliefert. Diese am ehemaligen Standort der Experimentalglashütte Kunckels auf der Pfaueninsel zutage gekommenen Scherben belegen, dass eine sehr breite Farbpalette möglich war, zwischen opalisierend und milchweiß. Sicherlich auf seinen Rezepturen basiert das später entwickelte Flussglas, das für Leuchter, Ampeln oder Vasengefäße verwendet wurde, außen mattiert und mit fluoreszierender Anmutung. [Verena Wasmuth]

Scherben von Römern

Fragmente aus dünnwandigem, lichtgrünem Glas, korrodiert und irisiert. Sie gehörten zu sogenannten Römern, ein Weinglastyp, der im 17. Jahrhundert in Deutschland und den Niederlanden weit verbreitet war. Meist aus grünem Waldglas gefertigt bestand er aus einem gerippten, hohen Fußreif, einem hohlen, mit Beerennuppen besetztem Schaft und einer gebauchten Kuppa. Die Scherben stammen vom ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel in der Havel, die zwischen 1685 und 1688 dem Alchemisten Johann Kunckel gehörte. Die Literatur ging bislang davon aus, dass die Hütte Kunckel einzig zur Entwicklung neuer Farbgläser, der Herstellung des kostbaren Goldrubinglases sowie der Glasperlen für die afrikanische Kolonie Groß-Friedrichsburg diente (Rau, Das Glaslaboratorium, 2009, S. 49; Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 32f.). Die Bodenfunde könnten diese Annahme widerlegen: Möglicherweise stellte die Hütte überdies Römer, also Gebrauchsgläser her. Andererseits könnte es sich dabei ebenso um angekauften Glasbruch als Zutat für die Glasschmelze handeln. Durch Beigabe von Scherben konnte man die Schmelztemperatur sowie -dauer des Glasgemenges deutlich reduzieren. Einer dritten Theorie folgend könnten die Fragmente schlichtweg belegen, dass die Glasmacher auf der Insel ihren Wein aus Römern tranken. Hingegen war stets das Bier das Getränk ihrer Wahl, zumal die schweißtreibende Arbeit am Ofen einen steten Durstlöscher erforderte. Da keine intakten Römer mit brandenburgischer Provenienz überliefert sind, lässt sich eine Zuschreibung nicht ohne Vorbehalt machen. Immerhin ist dokumentiert, dass König Friedrich Wilhelm I. einen ganzen Satz Römer aus grünem Glas aus der Potsdamer Hütte besessen haben soll (Schmidt, Brandenburgisches Glas, 1914, S. 59). [Verena Wasmuth]

Fragmente von Hohlgläsern mit Fadenauflagen

Scherben aus grünem und lichtgrünem Waldglas, teils mit gekerbten Fadenauflagen, teils hochgestochene Böden. Die Scherben verweisen auf sogenannte Passgläser, zylindrische oder sich konisch weitende hohe Stangen mit hochgestochenem Boden, meist aus einer separat gefertigten Blase, sowie aufgeschmolzenen Glasfäden. Aus diesen, auch als "geschnürt" bezeichneten Gläsern wurde Bier getrunken. Die Fragmente wurden am ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel bei archäologischen Ausgrabungen gefunden, die zwischen 1685 und 1688 unter der Leitung von Johann Kunckel in Betrieb war. Ihm war gleichzeitig mit der Überschreibung der Insel das Privileg zu Anlage einer Malzmühle für Bier erteilt worden, wegen der hohen Temperatur am Ofen ein Grundnahrungsmittel der Glasmacher (Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 137). Es ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, dass die Gläser in der Hütte auf der Pfaueninsel entstanden. Ebenso könnte es sich um Scherben von Passgläsern anderer Hersteller handeln, etwa der Potsdamer Glashütte – das Potsdam Museum verwahrt Bodenfunde vom Areal des Stadtschlosses, die von dort stammen könnten (Inv. Nr. AK-2020-60). [Verena Wasmuth]

Schlackesteine von der Pfaueninsel

Rotbraun, braun und in verschiedenen Blautönen marmorierte versinterte Steine. Diese Schlackesteine kamen bei archäologischen Ausgrabungen am historischen Standort der Experimentalglashütte von Johann Kunckel (um 1635–1703) auf der Pfaueninsel zutage. Schlacke ist eine gesteinsartige Masse aus Glasrückständen und Asche, die überhitzt wurde. Da es sich um ein amorphes Materialgemisch ohne bestimmbaren Schmelzpunkt handelt, bilden sich in den kühlen Randbereichen der heißen Feuerung sowie auf den Oberflächen der Glashäfen derartige erstarrte Brocken oder versinterte Steine. Weitere Beispiele dieser Nebenprodukte der Glasherstellung vom selben Fundort verwahrt die Stiftung Stadtmuseum Berlin (Inv. Nr. VI 10283; VI 10284 a-e; SM 2016-1055). Diese wurden bereits von Adolf Reuter (1825–1901) in seiner Funktion als Hofgärtner der Pfaueninsel gesammelt und aufbewahrt. Tatsächlich waren die Schlackesteine aus der Potsdamer Glashütte und möglicherweise auch jene aus der Hütte auf der Pfaueninsel mehr als nur Abfallprodukte: Sie fanden als Bestandteil der Wanddekoration in Grottenarchitekturen Verwendung, etwa in der Grotte im Nordischen Garten, Park Sanssouci. Schlacken – wohl aus der Zechliner Glashütte – gelangten zwecks Grottierung ins Turmzimmer von Schloss Rheinsberg, in die Egeriagrotte im Rheinsberger Schlosspark, den Grottensaal im Neuen Palais, die Grotte im Neuen Garten und in die Grotte im Schlosspark Marquardt (vgl. Roland Sommer, Grottenarchitekturen im Gebiet Berlin-Brandenburg, Dissertation, 2018). [Verena Wasmuth]

Alembik-Scherben

Scherben von Destillierhelmen aus lichtgrünem und grünem Glas, teils mit Postenansatz, korrodiert und irisiert. Die Fragmente wurden bei archäologischen Grabungen am ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel gefunden, die dem Alchemisten Johann Kunckel zwischen 1685 und 1688 unter anderem als Experimentallabor diente. Sie gehörten zu verschieden großen Destillierhelmen, auch als Alembik oder Brennhut bekannt. Diese bestanden aus einem nach unten offenen, runden Hohlgefäß mit einem seitlichen, langen Rohr, das spitz zulief. Auf der Außenwandung des Hohlkörpers befand sich ein aufgeschmolzener, flacher Glasposten, der als Handhabe diente. Bei einer Destillation fing man mit einem solchen gläsernen Alembik nach oben steigenden Dampf auf, der dann durch die nach unten führende Tülle abkühlte und in flüssiger Form als Elixier oder Äther in ein bereitgestelltes Gefäß geführt wurde (vgl. Ausst.-Kat. Gläserne Welten 2017, Kat. 10e; Schaich, Reine Formsache, 2007, Kat. 225; Friese, Glashütten in Brandenburg, 1992, Taf. 13; Hein/Müller-Jahncke, Kostbarkeiten aus dem Deutschen Apothekenmuseum Heidelberg, 1993, S. 110–113). Es lässt sich nicht abschließend sagen, ob die Destillierhelme vor Ort auf der Pfaueninsel oder in der Potsdamer Glashütte hergestellt wurden, die damals ebenfalls unter Kunckels Leitung stand. [Verena Wasmuth]

Polychrome Glasscherben mit gekämmtem Dekor

Hohlglasscherben, überwiegend in Überfangtechnik auf Milchglas (und grünem Unterfang), teils aus zusammengeschmolzenen Glasstäben, mit einem gekämmten Dekor in Blau-Weiß-Rot, Blau-Weiß-Braun, Rot-Weiß-Gelb, Weiß-Gelb, Blau-Weiß, teils mit grünen und braunen Applikationen (etwa einem Standring). Die Fragmente stammen vom ehemaligen Standort der Glashütte Johann Kunckels auf der Pfaueninsel, die er zwischen 1685 und 1688 unter anderem für Experimente mit neuartigen Glasmassen und Techniken nutzte. Zur Herstellung polychromer Gläser entwickelte er das in der Mark Brandenburg bereits im frühen 17. Jahrhundert bekannte Verfahren des Einschmelzens farbiger Krösel weiter (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, Taf. 1.1+2). Dabei orientierte er sich an Verfahren, die im 16. Jahrhundert in Murano aufkamen. Die Scherben belegen, dass die Glasmacher auf der Pfaueninsel unter Kunckels Leitung gekämmte Stab- und Überfangdekore à la façon de Venise zu bunten Hohlgläsern formten. Mitunter schmolzen sie ihnen sie einen farbigen Standring an, teilweise handelte es sich dabei um runde Perlen, beispielsweise bei dem weiß-gelben Fragment. Ihre vorkolonialen Vorbilder, als Akori oder Aggry bekannt, galten bei den Einheimischen als nahezu unbezahlbar und hatten hohen kultischen bzw. repräsentativen Wert. Vermutlich stammten sie aus Murano, Phönizien oder Ägypten, eine andere Theorie geht von einer einheimischen Erzeugung aus. Die Kunckel'schen Glasperlen dienten im Dreieckshandel zwischen dem Kurfürstentum Brandenburg, der Festung Groß-Friedrichsburg an der afrikanischen Westküste und Nordamerika als Tauschmittel. Auf der Oberfläche zeichnet sich das Kämmen als Vogelfeder-, Wellen- oder Schachbrettmuster ab. Der Alchemist hat das Verfahren, das auch aus dem Alpenraum bekannt ist, noch nicht in seiner Ars vitraria experimentalis von 1679 beschrieben. Intakte Gläser mit diesem Dekor und brandenburgischer Provenienz sind nicht überliefert. [Verena Wasmuth]

Fragmente von Murrinestäben

Bruchstücke polychromer Glasstäbe, der eine Typ mit rotem Kern, überstochen mit Farblos, Opakweiß, Amethyst, Rot, Blau und Farblos, der andere mit opalinfarbenem Kern aus mehreren opaken und transparenten Schichten, überstochen mit farblosem Glas. Das dünne Stäbchenfragment wurde aus mehreren Glasfäden in Rot, Amethyst, Weiß und Blau zusammengeschmolzen und dann tordiert. Bereits in der Antike kannte man die Technik, Murrine herzustellen. Dabei wird ein Glasstab mehrfach polychrom mit anderen Glasschichten überstochen, bevor man ihn zu einem sehr langen, dünnen Stab zieht. Anschließend wird er in viele Scheibchen geschnitten, die Murrine, die nun einen raffinierten Dekor aus konzentrischen Farbkreisen aufweisen. Indem man eine Form dicht mit diesen Scheibchen auslegt, kann durch ihr Verschmelzen Mosaikglas hergestellt werden. Alternativ nimmt man die zuvor in einem beliebigen Muster auf einem Tisch arrangierten Murrine mit einem flachen Glasposten an der Pfeife auf uns bläst sie danach auf. Dieses Verfahren kam in der Renaissance in Murano auf. Bei den Fragmenten handelt es sich um Bodenfunde von der Pfaueninsel in der Havel nahe Potsdam. Dort betrieb der Alchemist Johann Kunckel zwischen 1685 und 1688 eine kleine Glashütte, die ihm für seine Versuche diente. Die Scherben sind ein Beweis dafür, dass Kunckel sich mit der Imitation und Weiterentwicklung venezianischer Gläser beschäftigte. Ein intaktes Murrine- bzw. Mosaikglas mit brandenburgischer Provenienz ist nicht bekannt, ebenso keines mit Applikationen bunter, tordierter Glasstäbe. [Verena Wasmuth]

Rosa gefärbte Scherben

Fragmente von dünn ausgeblasenen, transparenten Hohlgläsern mit rosa Färbung, teils durch eingeschmolzene Krösel in ein graustichiges Glas, eines mit spiralförmig aufgelegtem Glasfaden. Die Scherben weisen charakteristische Merkmale der Glaskrankheit auf, etwa eine ausgeprägte Schollenbildung auf der Oberfläche. Dieser Verwitterungsprozess (Korrosion) dürfte nicht ausschließlich damit zu begründen sein, dass sie als Bodenfunde am ehemaligen Standort der Glashütte Pfaueninsel bei archäologischen Ausgrabungen zutage kamen. Vermutlich besteht die Glasmasse aus einem zu hohen Alkalianteil, in diesem Fall das Flussmittel Pottasche, um seine Viskosität zu senken. Der Werkstoff konnte so länger am Ofen geformt und verarbeitet werden, bevor er erstarrte. Die Fragmente belegen, dass der Alchemist Johann Kunckel (um 1635–1703) auf der Pfaueninsel mit Glasfarben und Verfahren experimentierte (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 32f.). Ihm war das Phänomen der Glaskrankheit bekannt, er beschrieb seine Ursache in seiner Ars vitraria experimentalis, eine kommentierte und erweiterte Übersetzung der L’arte vetraria des Antonio Neri (1576–1614) mit Rezepten der Glasherstellung (vgl. Kunckel, Ars vitraria experimentalis, 1679, S. 339). Möglicherweise stehen die Scherben in Zusammenhang mit seinen Optimierungsversuchen dieser Problematik bei Glas in "Pfirisch-Blüth-Farbe" in Kapitel 56: "Was hier der Autor von der Marmel-Farbe saget/ ist wohl wahr; aber es hat dreyerley sehr grosse Mängel: Erstlich läst es sich übel arbeiten; Vors andre bleibt es selten gantz; Vors dritte/ so es ja in der Arbeit gantz bleibet/ wird es doch hernach von sich selbst an der Lufft zerfallen." (Ebd., S. 100). [Verena Wasmuth]

Scherben von Unterfangglas in Rubin und Amethyst

Diverse Glasfragmente, teils farbloses Glas mit Rubinglasunterfang, teils mit amethystfarbenem Unterfang, teils modelgeblasen, teils tordiert. Alle Scherben stammen vom ehemaligen Standort der Versuchsglashütte von Johann Kunckel auf der Pfaueninsel in der Havel nahe Potsdam, die er zwischen 1685 und 1688 betrieb. Sie belegen, dass Kunckel sich mit dem Überfangen dünner Farbglasschichten mit farblosem Kreide- bzw. Kristallglas beschäftigte. Diese Technik wird meist pauschal als Erfindung des 19. Jahrhunderts betrachtet, als Unter- bzw. Überfanggläser zu großer Beliebtheit gelangten. Die farblose Überfangschicht dieser Fragmente hatte zwei Funktionen: Zum einen ermöglichte sie eine enorme Rohstoffersparnis, denn die Zutaten der Farbglasherstellung waren exorbitant kostspielig; zum anderen rief die transparente Schicht optische Reflexe und eine interessante Tiefenwirkung bei Lichteinfall hervor. Für die violetten Scherben im linken Kästchen verwendete der Alchemist eine Rezeptur mit Magnesium und "Zaffera" aus Kobalt, wie er selbst notierte (Kunckel, Ars vitratia experimentalis, 1679, Buch 1, Kap. 48, S. 91). Zur Färbung der roten Scherben im rechten Kästchen kam entweder Kupfer oder tatsächlich Gold – in sogenanntem "Königswasser" gelöst und mit Zinn vermischt – zum Einsatz. Das Goldrubinglas, dessen serielle Herstellung Kunckel glückte, machte die Potsdamer Glashütte bereits unter Zeitgenossen berühmt. Seine Palette reichte von Hellrosa bis Dunkelrot. Für eine exakte Bestimmung wäre eine zerstörungsfreie Materialanalyse der Fragmente nötig. [Verena Wasmuth]

Fragmente von Glas mit grünblauer Färbung

Bruchstücke und Schmelzreste von transparent-grünblauem Glas und Waldglas. Die Fragmente kamen bei archäologischen Ausgrabungen am ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel zutage, die zwischen 1685 und 1688 mit kurfürstlichem Privileg von Johann Kunckel betrieben wurde. Sie bezeugen, dass der Alchemist hier an der Entwicklung "seltener Farbengläser" arbeitete (Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 33). Darunter könnten Beispiele in der "Meer-Farb" sein, die der Alchemist als "der fürnehmste eine unter den Glas-Farben" befand, solange sie in Kristallglas gemacht wurde (Kunckel, Ars vitraria experimentalis, 1679, S. 31). Die Scherben oben links sind von bläulicher Färbung, ein größeres Fragment oben rechts bzw. auf dem Detailfoto ist aus farblosem Glas mit grüner Einschmelzung. Einige der Schmelzglasreste unten rechts verweisen auf die Erzeugung grünen Waldglases auf dem Pfauenwerder und widerlegen die Annahme, Kunckel habe dort lediglich feines Kristall- und Farbglas sowie Perlen für die brandenburgisch-preußischen Kolonien hergestellt. [Verena Wasmuth]

Fragmente von amethystfarbigem Glas

Bruchstücke und Scherben aus violettem Glas, teils verschmolzen mit farblosem Glas, teils in Rippenmodel geblasen, teils überfangen. Diese Fragmente stammen vom ehemaligen Standort der Glashütte Pfaueninsel, die lediglich kurz zwischen 1685 und 1688 in Betrieb war. Kurfürst Friedrich Wilhelm hatte die Insel seinem Alchemisten Johann Kunckel zur Anlage dieser Hütte geschenkt, die besonders gut vor den Blicken Unbefugter geschützt war und ihm unter anderem für Glasexperimente dienen sollte. Zur Herstellung farbiger Gläser entwickelte Kunckel die Rezepturen Antonio Neris weiter und notierte sie in seiner Ars vitraria experimentalis. Zur Imitation von Amethysten, denen eine heilende Wirkung nachgesagt wurde, verwendete er Magnesium und "Zaffera" aus kobalthaltigen Erzen (Kunckel, Ars vitraria experimentalis, 1679, Buch 1, Kap. 48, S. 91). Die Scherbe mit Rippenstruktur stammt von einem modelgeblasenen Hohlgefäß. Die Bruchstücke aus farblosem Glas mit violetten Einschlüssen belegen, dass Kunckel sich bereits mit Überfangverfahren beschäftigte. Am ehemaligen Standort der Potsdamer Glashütte, die ebenfalls unter seiner Leitung stand, kamen mehrere ähnliche Scherben zutage. Sie werden vom Potsdam Museum als Dauerleihgabe des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum verwahrt. Überliefert sind keine intakten Gläser dieser Färbung aus Brandenburg. [Verena Wasmuth]

Fragmente von bernsteinfarbigem Glas

Dünnwandige Scherben aus semi-transparentem Glas, changierend in den Farben Hellbraun, Gelb, Rotbraun, Hellgrün. Die Fragmente erinnern mit ihrer lebendigen Farbgebung an Bernstein oder Karneol. Sie wurden bei archäologischen Ausgrabungen auf der Pfaueninsel in der Havel geborgen und stammen von der Kunckel'schen Glashütte, die dort zwischen 1685 und 1688 in Betrieb war. Möglicherweise entstanden sie bei Versuchen zur Imitation von Edelsteinen. Leider sind keine intakten Hohlglasgefäße in dieser Färbung mit brandenburgischer Provenienz aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert überliefert. In seinem Standardwerk zur Glasherstellung, der Ars vitraria experimentalis von 1679, erwähnt Johann Kunckel noch keine Rezeptur, die für diese Färbung gedient haben könnte. [Verena Wasmuth]

Fragmente einer kleinen Vierkantflasche

Dünnwandige Scherben einer rechteckigen Vierkantflasche aus grünem Glas, Abriss am Boden, korrodiert und irisiert. Die Fragmente wurden am ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel gefunden, die von Johann Kunckel (um 1635–1703) unter anderem als materialwissenschaftliche Versuchshütte genutzt wurde. Sicherlich diente sie zur Aufbewahrung von Zutaten, die bei den Experimenten zum Einsatz kamen. Vierkantflaschen waren damals weit verbreitet, denn sie konnten in Holzkästen senkrecht angeordnet platzsparend aufbewahrt und transportiert werden. Ob es sich bei dieser Flasche um ein brandenburgisches Erzeugnis handelt, das Kunckel zur Abfüllung einer von ihm kreierten Flüssigkeit diente, lässt sich nicht ohne Vorbehalt sagen. Ebenso gut könnte es sich um ein von ihm im Ausland angekauftes Erzeugnis handeln, das als Verpackung einer kostspieligen Bestellung für sein Laboratorium fungierte. Dass Kunckel enorme Summen in seine Experimente steckte, geschah angeblich mit ausdrücklicher Billigung seines Gönners, des Großen Kurfürsten: "Er hätte wohl eher einen Abend 1000 Thaler verspielt oder sonsten in die Luft fliegen lassen: so könne er hieran auch was wenden" (Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 33). [Verena Wasmuth]

Scherben in Überfangtechnik

Fragmente von opakweißen Hohlgläsern mit einem Überfangdekor aus gekämmten Einschmelzungen in Rot, Blau und Braun sowie teilweise mit smaragdgrünem Unterfang, also dreischichtig. Neben den in einem anderen Datensatz beschriebenen Scherben mit diesem polychromen Dekor, der sich oberflächlich als Vogelfeder-, Wellen- oder Schachbrettmuster abzeichnet, kamen auf der Berliner Pfaueninsel auch diese mit transparentgrünem Glas unterfangenen Bodenfunde zutage. Dort befand sich ab 1685 bis zu ihrem Abbrand 1688 eine kleine Glashütte, die der Alchemist Johann Kunckel mit kurfürstlichem Privileg unter anderem zu Versuchszwecken unterhielt. Weder das Kämmverfahren, das aus Venedig und dem Alpenraum bekannt ist, noch Gläser mit Überfang aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert wurden bislang mit Brandenburg in Verbindung gebracht, zumal keine intakten Gläser mit diesem Dekor und brandenburgischer Provenienz überliefert sind. Für Kunckel zählte die grüne Farbe zu den „fürnehmsten Hauptfarben / so wohl an sich selbst / als in Ansehung des menschlichen Gesichtes und der Glasmacher“ (Kunckel, Ars vitraria experimentalis, 1679, S. 274). [Verena Wasmuth]

Fragmente von Glasstäben

Bruchstücke diverser Stäbchen aus besonders reinem farblosem, grünstichigem und rosafarbenem Glas sowie aus Goldrubinglas, darunter einige hohl. Sie stammen vom ehemaligen Standort der Glashütte auf der Pfaueninsel, die dem Alchemisten Johann Kunckel zwischen 1685 und 1688 unter anderem als Experimentallabor diente. Neben Fragmenten von hohlen Laborröhrchen, offenen Pipetten oder ähnlichem befinden sich darunter massive Glasstäbe, die möglicherweise der Verzierung von Hohlgläsern dienten. Bei den roten Stäben handelt es sich wegen ihrer lebrigen Färbung sehr wahrscheinlich um Goldrubinglas. Kunckel besaß das kurfürstliche Privileg zur Herstellung diesen kostbaren Farbglases, sowohl in der Potsdamer Hütte als auch auf dem Pfauenwerder (vgl. Schmidt, Brandenburgische Gläser, 1914, S. 137). [Verena Wasmuth]

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