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Alfred Wegener Museum Alfred Wegeners letzte Grönlandexpedition

Alfred Wegeners letzte Grönlandexpedition

Fotoleporello von Johannes Georgi zu Alfred Wegeners letzter Grönlandexpedition (1930).

[ 14 Objekte ]

Alfred Wegeners letzte Grönlandexpedition

Das großformatige, in Leinen gebundene Fotoleporello wurde von Johannes Georgi zum Andenken an die letzte Grönlandexpedition Alfred Wegeners konzipiert. Die 45 in Passepartouts gefassten Fotografien wurden von Georgi selbst als Teilnehmer an der Expedition 1930 aufgenommen und in einem beiliegenden Textbuch kommentiert. Die Fotoabzüge für das Objekt wurden in den 1960 Jahren von Amandus Fischer, einem früheren Mitarbeiter Georgis beim Instrumentenamt der Deutschen Seewarte in Hamburg, belichtet und retuschiert. Textbuch und Leporello sind durch einen ebenfalls leinengebundenen Schuber geschützt. In dieser Objektgruppe wird eine Auswahl der eindrucksvollen Fotografien und den entsprechenden Textbuchpassagen vorgestellt.

Ausladen am Eisrand

Die „Gustav Holm“ in der Umanakbucht (= Uummannaq). Auf dem Bild ist nur ein Teil der umfangreichen Ausrüstung zu sehen. Auf der beschwerlichen Reise zur „Eismitte“ blieb einiges davon zurück. Hinter dem Ponyschlitten, ein Propellerschlitten. Bezeichnenderweise gehört diese Fotografie zu den qualitativ besten Aufnahmen. Bei der Ankunft der Expedition in Grönland waren die Wetterverhältnisse – aus fotochemischer Sicht – noch relativ gut, die Chemikalien und Materialien ausreichend vorhanden und nicht beeinträchtigt durch widrige Bedingungen.

Im Gletscherbruch

Im Juni 1930, mit sechswöchiger Verspätung, startete die Expedition von Alfred Wegener. Um das Inlandeis zu erreichen, musste die komplette Ausrüstung die ersten 900 Höhenmeter den Kamarujuk-Gletscher hinaufgeschafft werden. Georgi schildert im Begleittext anschaulich, wie die Propellerschlitten per Stahlseilwinde bewegt wurden.

Der kleine Handwindmesser

Georgi beim täglichen Messen des Bodenwindes in „Eismitte“. Deutlich zu erkennen sind die Schäden der lichtempfindlichen Emulsionsschicht des Negativmaterials auf der rechten Bildseite. Im Textteil beschreibt Georgi eindrücklich die besondere Herausforderung fotografischer Arbeit bei eisigen Minustemperaturen. Hierbei zitiert er Passagen aus seinem Buch „Im Eis vergraben“ (Fassung von 1957).

Der erste Aufstieg eines Fesselballons über dem Inlandeis

Ein mit Wasserstoff gefüllter Ballon diente „zur Erforschung der Temperatur und Feuchte in den Luftschichten“ über dem Eis, und konnte per Handwinde bis 1800 m aufsteigen. Der gasförmige Wasserstoff musste von den Forschern vor Ort selbst hergestellt werden. Wie das geschah, wird im Textteil von Georgi beschrieben.

Wartung der Wegmarkierung

Laut den Erläuterungen von Georgi mussten die überlebenswichtigen Wegmarkierungen aufgrund von Schneefall und Verwehungen ständig „hochgesetzt“ werden. Die Entfernung zur nächsten Wetterhütte betrug 200 km und zur Weststation, unweit der Küste, 400 km. „Aber wie winzig ist aus ein paar hundert Metern Entfernung dieses kleine Fünkchen menschlichen Lebens und Forschens inmitten dieser grenzenlosen 'Weißen Wüste'!“ (J. Georgi, Textbuch zu Bild 26)

Der wissenschaftliche Arbeitsplatz in der Firnhöhle im Winter 1930/31

Lebensmittelpunkt der Forscher war die in die verdichtete Altschneedecke (Firn) gegrabene Wohn- und Arbeitshöhle. Hier überwinterte Georgi schließlich 10 Wochen allein. Sein Buch „Im Eis vergraben“, aus dem er, für das Leporello, häufig zitiert, beruht auf diesen Erfahrungen. Auf dem Bild sind Dr. Ernst Sorge (links) und Dr. Johannes Georgi (rechts) zu sehen, die durch regen Erfindergeist und Improvisationstalent nicht nur ihr Überleben sicherten, sondern auch ihre wissenschaftliche Arbeit durchführten.

Dr. Ernst Sorges Erfindung: der Firnschrumpfschreiber

Der Firnschrumpfschreiber ist ein improvisiertes Präzisionsmessgerät, welches das unmerkliche „Schrumpfen“ (Komprimieren) des Firns über einen längeren Zeitraum sichtbar macht. Sorge wurde mit seinen Eismessungen zum Wegbereiter moderner Glaziologie, Geologie und Klimaforschung. Im Textteil erklärt Georgi die Funktionsweise mit ergänzender Zeichnung.

Dr. Ernst Sorge im glaziologischen Schacht

16 m arbeitete sich Ernst Sorge im Alleingang in die Tiefe der grönländischen Schneedecke, um die Umwandlung von Schnee in Firn und schließlich in massives Gletschereis zu untersuchen. Die Details zu den Messungen und ihre Bedeutung für die Forschung wird von Georgi im Textbuch dargelegt.

Dr. Sorge bei einer Firndichtemessung

Betrachtet man dieses Bild ohne Kenntnis des Geschehens, würde man wohl an der Verfassung von Dr. Sorge zweifeln. Hier zu sehen ist jedoch nicht aufkommender Wahnsinn, sondern Präzisionsarbeit. Wie von Georgi im Text geschildert, mussten die von Sorge aus dem glaziologischen Schacht geborgenen Firnblöcke exakt zugeschnitten werden, um die Gewichtsveränderungen zuverlässig zu ermitteln.

Der Beobachtungsturm nach überstandener Polarnacht

Die Polarnacht im grönländischen Inlandeis (bei 71° nördlicher Breite), dauerte laut Georgi etwa zwei Monate. Der harte Winter verursachte deutliche Schäden an dem aus Firnschneeblöcken gebauten Beobachtungsturm der Station „Eismitte“. Bei dem auf dem Bild zu sehenden Messgerät handelt es sich vermutlich um einen Theodolit zur Höhenmessung von Wetterballons. Außerdem gut sichtbar: Der dunkle Fleck auf der linken Bildseite ist das Resultat von Bakterienbefall der fotoempfindlichen Gelantineschicht des Negativs, aufgrund zu langsamen Trocknens nach dem Entwickeln in der Firnhöhle.

Vorbereitung zur Eisdickenmessung

Verlegung eines Sprengdrahtes für seismische Messungen. Georgi beschreibt im begleitenden Text das „Whiteout“-Phänomen. Aufgrund gleichmäßiger Lichtstreuung durch beispielsweise Hochnebel über schneebedeckten Untergrund, verliert sich jede räumliche Wahrnehmung. Desorientierung, Gleichgewichtsstörungen und Angstattacken können die Folge sein. Die Flecken auf der rechten Bildseite zeugen von Bakterienbefall der Fotoplatte aufgrund der schwierigen Temperaturverhältnisse beim Entwickeln und dem anschließenden Trocknen der Platte.

Abschied von „Eismitte“

Im Begleittext zu Bild 42 erläutert Georgi alle grundlegenden wissenschaftlichen Fragen, die sich mit dem Verlassen der Forschungsstation ergaben und betont die Wichtigkeit einer Wiederholung der Expedition, um die Untersuchungsergebnisse zu verifizieren. Seine allzu berechtigte Frustration über die Ignoranz der zuständigen Stellen, die einen erneuten Besuch von "Eismitte" nicht unterstützten, wird deutlich. Die hier zu sehende Fotografie Georgis von „Eismitte“ ist ein anschauliches Beispiel für die Schäden am Fotomaterial aufgrund der widrigen Bedingungen, die auch durch nachträgliche Retusche nicht behoben werden konnten.

Das Grab von Alfred Wegener

Alfred Wegener verstarb auf dem Rückweg auf halber Strecke von „Eismitte“ zur 400 km entfernten Weststation am Kamarujuk-Gletscher. Sein Begleiter, Rasmus Willumsen, der Wegener noch bestattete, verstarb kurze Zeit später, bei dem Versuch, die Weststation alleine zu erreichen. Sein Leichnam wurde nie gefunden.

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