Ein im Park von Schloss Babelsberg entdecktes Stofffragment (IX 1304), das von einer anderen, in ihrer Gestaltung identischen Stickerei stammt, weist auf die Herkunft des Fensterbehangs aus Schloß Babelsberg. Das Schloß wurde 1833 bis 1835 nach Entwürfen von Karl Friedrich Schinkel für Prinz Wilhelm (I.) und Augusta gebaut, 1845 bis 1849 von Johann Heinrich Strack erweitert. Tatsächlich nennt das Inventar von 1896 eine umfangreiche Einrichtung mit entsprechenden Stickereien im Wohnzimmer der Prinzessin Luise, der Tochter Wilhelms I. und Augustas. Außer dem Fensterbehang waren auch das Sofa und drei Armlehnstühle, der Ofen- und ein Wandschirm, die Tischdecke, zwei Sofakissen und sogar eine Schreibmappe "mit [schwarzem] {blauem} Sammet bezogen, worauf Kornblumen von blauer Seide und Kornähren von Goldfäden gestickt sind". Der "Brüssel=Teppich durch das ganze Zimmer, hellblauer Grund mit Kornblumen und hellgrauem Arabeskenmuster" und eine "Fahne von blauem Sammet mit 2 weißseidenen Streifen, auf welchen Kornblumen in Seide gestickt sind," rundeten das Ensemble ab (S. 171-176). Somit bildete der Fensterbehang Teil eines Raumensembles, das wohl für die Wohnung der Prinzessin entworfen worden war. 1856 heiratete Luise Friedrich I., Großherzog von Baden. Der Charakter der Einrichtung weist nicht auf die Ausstattung für ein Kinderzimmer hin. Daher wird sie für die erwachsene Frau, möglicherweise bereits nach ihrer Heirat entstanden sein, als die Wohnung ihr zu Besuchszwecken diente. Für ein späteres Entstehungsdatum als die Erbauungszeit spricht auch die dunkle Farbigkeit und das schwere Material, zudem die deutlich im Inventar als historistische Möblierung gekennzeichneten Möbel. So wird etwa "Ein Schreibtisch=Fauteuil, drehbar, auf 3 Klauenfüßen, das sehr reich geschnitzte und an den Armlehnen und der Rücklehne durchbrochen gearbeitete Gestell von Eichenholz" mit dem Stickereibezug beschrieben. Auf eine Datierung bereits in die Regierungszeit Wilhelms I. weist, dass eines der Kissen mit dem Monogramm "W" mit Krone dekoriert war. Die umfangreiche Zahl der Stickereien und die sehr perfekte Ausführung geben sie als Arbeit einer lokalen Kunststickerwerkstatt zu erkennen.
Uta-Christiane Bergemann
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