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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Uhren und Musikinstrumente [V 2, V 84 (Werk)]
Hoppenhaupt, Johann Christian: Bodenstanduhr, 1763/1769, V 2, V 84 (Werk). (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg CC BY)
Herkunft/Rechte: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg / Handrick, Roland (1987/1988) (CC BY)
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Johann Christian Hoppenhaupt, Bodenstanduhr, 1763/1769, Inv. Nr. V 2, V 84 (Werk)

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Beschreibung

König Friedrich II. bestellte die Uhr bei dem aus Bayreuth nach Potsdam berufenen Kunsttischler Johann Friedrich Spindler d. Ä. (1726 - um 1799), der hier mit seinem Stiefbruder Heinrich Wilhelm Spindler d. J. (1738-1788) luxuriöse Möbel und ganze Raumausstattungen in feinster Intarsienarbeit für die Schlösser ausführte. 1769, im Jahr der Fertigstellung des Neuen Palais in Potsdam, bezahlte der König für die Uhr 1.500 Taler an den älteren Spindler und ließ sie vermutlich in der Grünen Damastkammer des Oberen Fürstenquartiers im Neuen Palais aufstellen. Charles Friedrich Foerster überliefert in seinem Beitrag über Spindler d. Ä. (1937) die Bezahlung dieser heute verlorenen Rechnung für ein Uhrengehäuse „von schwarz Ebenholz, Königs u. Amaranthenholz u. auf das feinste mit Blumen eingelegt [...] wie auch die künstliche Messing Arbeit mit 6 Kinder daraufsitzend [...]“.
Das Gehäuse gliedert sich in Sockel, Pendelkasten und Kopf und ist mit reichem, im Feuer vergoldetem, teils vollplastisch, teils reliefartig ausgebildetem Gelbgusszierrat dekoriert. Der Sockel ruht auf fünf großen, Kugeln umfassenden Raubtierkrallen. Auf der konvex ausgebildeten Verdachung des Kopfes sitzen zwei Kinderfiguren, von denen eine ursprünglich einen Blumenzweig hielt (vgl. Inventar Neues Palais 1895). Rechts und links vom Zifferblatt sitzen jeweils zwei weitere Kinderfiguren, deren lebhafte Gestik vermuten lässt, dass auch sie ursprünglich Gegenstände in den Händen hielten. Die Vorderseite des Pendelkastens ist durch Gelbgussbeschläge in Form von Blumen- und Blattranken sowie durch figuralen Schmuck geziert: Unter dem Zifferblatt schaut zwischen zwei in Akanthus auslaufenden Rocaillen ein etwas schräg gestellter Chronos-Kopf hervor. Über dem runden, mittig angebrachten Fenster sitzt mit gekreuzten Beinen ein Putto, das Kinn sinnend auf die rechte Hand gestützt, während er in seiner Linken eine Sanduhr hält. Auf der Front der Sockelzone bilden zwei Akanthusranken eine Art Kartusche, in der sich in Relief gearbeitete Darstellungen von Hahn und Eule als Symboltiere für Tag und Nacht befinden. Alle Gehäuseseiten sind durch glatte Bronzeleisten mit Voluten und Blattranken gerahmt. Die drei Schauseiten zeigen eine reiche Marketerie mit eingelegten Blumengebinden aus gefärbtem Holz, an der Front des Sockels mit einer Schleife zusammen gebunden. Die Plinthe des Sockels ziert ein durch profilierte Leisten gerahmtes, in hellem Holz eingelegtes Gitternetz, auf dessen Kreuzungspunkten Blumen liegen.
Der schwungvolle Entwurf zu dieser Uhr geht auf Johann Michael Hoppenhaupt d. Ä. (1709-1755) zurück. Der aus Zittau stammende Zierratenbildhauer hatte für Friedrich II. die Dekoration für verschiedene Räume im Schloss Potsdam, Schloss Sanssouci und den Südflügel des Breslauer Schlosses entworfen. Da er beim Bau des Neuen Palais nicht mehr lebte, könnte sein jüngerer Bruder Johann Christian Hoppenhaupt (1719-1778/86), der in leitender Position bei der Innenausstattung dieses Schlosses beteiligt war, die Pläne Johann Michaels noch einmal an den König herangetragen haben. Möglich ist auch, dass Friedrich selbst bei der Auftragsvergabe zu der Uhr auf zwei von Johann Wilhelm Meil schon 1751-1755 gestochene Radierungen nach Zeichnungen von Hoppenhaupt d.Ä. (Berlin, Kunstbibliothek SMB PK, OS 1197/14 und OS 1197/16, vgl. Abb. in: Kiesant, 2013, S. 327) verwies. Spindler schuf, gemeinsam mit Johann Melchior Kambly, daraus eine Mischung, bei der mehrere Motive beider Dessins vereinigt wurden, so zum Beispiel der eingezogene Pendelkasten, die seitlichen Kinderfiguren, der Chronos (verkürzt nur als Kopf) und die Sanduhr. (Silke Kiesant)

Beschriftung/Aufschrift

Werk und Zifferblatt unsigniert, an den Federn geritzt: „G Langin“ und „G Lg le 19 xbre 63“: Gédéon Langin; Reparaturzeichen: „R. Detloff (…) 39 Potsdam (?)“, „Müller 95“, „Schäfer 3/1938“

Material/Technik

Gehäuse: Konstruktionsholz verm. Nadelholz, Innenfurnier Palisander, Außenfurnier Ebenholz, Amaranth- und Königsholz, Gelbguss, feuervergoldet, Email, Glas; Uhrwerk: Messing, Stahl, Email

Maße

Höhe: 271.50 cm Breite: 77.50 cm Tiefe: 47.00 cm

Ausführliche Beschreibung

Die in den historischen Schlossinventaren genannte Bezeichnung „ordinair“ für dieses Stück spricht dafür, dass damit eine einfache Uhr ohne Musikwerk gemeint ist. Es handelt sich um ein fast quadratisches Messing-Vollplatinenwerk mit glatten Werkpfeilern und Ansätzen zu den Platinen, Federantrieb, Viertelstundenschlagwerk auf zwei Glocken, Béthune-Hemmung, Sekundenpendel (Zentralsekunde). Das Werk zeigt typische Merkmale der Neuenburger Bauweise mit Kadratur auf der Rückplatine, jedoch mit einem Sekundenpendel und Federantrieb. Für ein Bodenstanduhrwerk wäre eher ein Gewichtsantrieb zu erwarten. Ungewöhnlich für ein Neuenburger Werk mit Federantrieb ist wiederum die Tatsache, dass hier keine Federhausstellungen vorgesehen wurden. Sicher ist, dass Teile des Werks schon 1763 in Neuenburg angefertigt wurden. Darauf verweist eine signierte und datierte Feder im Werk von dem dortigen Federnhersteller Gédéon Langin. In der Berliner Uhrenmanufaktur (bis 1769 unter Leitung von Abrahm-Louis Huguenin) arbeiteten anfangs ausschließlich Schweizer, die solche Einzelteile mitbrachten oder selbst herstellten. Somit kann vermutet werden, dass das Werk in Berlin mit Hilfe Neuenburger Teile und Fachwissen entstanden ist.
Das große runde Emailzifferblatt trägt keine Bezeichnung, ist aber typisch für die um diese Zeit in Berlin produzierten Zifferblätter dieser Größe (vgl. das fast identische Zifferblatt bei SPSG, Inv. Nr. V 20). Es zeigt schwarze römische Ziffern für die Stunden und arabische für die Fünfminuten. Die Minuterie besteht aus Strichen, wobei bei den Viertelstunden jeweils zwei Punkte den Strich begleiten. Über V und VII befinden sich zwei Vierkantaufzugslöcher. Die durchbrochen gearbeiteten Zeiger aus vergoldetem Messing sind wie der Sekundenzeiger aus gebläutem Stahl mit geschlängelter Spitze und Mondsichel am anderen Ende 2010 nach historischer Vorlage rekonstruiert worden. Die Uhrmechanik wurde vermutlich um 1945 ausgebaut, gesondert gelagert und erst 2010 im Depot dem Gehäuse zugeordnet. Eine Restaurierung erfolgte 2010/2011 durch Ian D. Fowler. Dabei wurden das Sekundenpendel, die Pendellinse, die Führung für die Federaufhängung sowie die Glocken rekonstruiert. (Ian D. Fowler, Silke Kiesant)

Literatur

  • Chapuis, Alfred (1917): Histoire de la pendulerie neuchâteloise (Horlogerie de gros et de moyen volume). Nachdruck 1983. Paris, Neuchâtel, S. 467
  • Foerster, Charles Friedrich (1937): Spindler, Johann Friedrich. In: Thieme, Ulrich; Becker, Felix (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Bd. 31, S. 383f
  • Fowler, Ian D. (2010/2011): Restaurierungsbericht Uhrwerk SPSG V 84 zum Gehäuse V 2. Potsdam, SPSG, Uhrensammlung, Dokumentation
  • Kiesant, Silke (2013): Prunkuhren am brandenburgisch-preußischen Hof im 18. Jahrhundert. Mit einem Katalog ausgewählter Uhren Friedrichs II. und Friedrich Wilhelms II. von Preußen. Petersberg, S. 325-329, Kat. 26 (dort weitere Literatur und Archivalien)
  • Schick, Afra (2008): Johann Friedrich und Heinrich Wilhelm Spindler. Die Möbelaufträge Friedrichs des Großen für das Neue Palais. In: Kaiser, Michael; Luh, Jürgen (Hrsg.): Friedrich der Große und der Hof (= Friedrich300 - Colloquien; 2)

Links/Dokumente

Hergestellt Hergestellt
1763
Johann Friedrich Spindler
Hergestellt Hergestellt
1763
Johann Melchior Kambly
Gekauft Gekauft
1769
Friedrich II. von Preußen
Restauriert Restauriert
2010
Fowler, Ian D.
1762 2013
Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Objekt aus: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

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