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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg Skulpturensammlung [Skulpt.slg. 5247]
Schlüter, Andreas: Reiterstandbild des Großen Kurfürsten - Postkarte, Skulpt.slg. 5247. (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg / Unbekannt (CC BY-NC-SA)
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Reiterstandbild des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620-1688)

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Beschreibung

1696 entschloss sich der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. (ab 1701 König Friedrich I. in Preußen), ein Reiterstandbild seines Vaters, des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620-1688), zu beauftragen. Von vornherein stand der Standort auf dem Podest in der Mitte der 1694 erneuerten Langen Brücke (heute Rathausbrücke) in Berlin fest. Das Modell zu dem Denkmal schuf der Hofbildhauer und spätere Hofbaumeister Andreas Schlüter (1660-1714). Ihm standen für das Bildnis des Großen Kurfürsten etliche künstlerische Vorbilder zur Verfügung. Für eine möglichst naturgetreue Pferdedarstellung porträtierte der Maler Johann Christof Merck – nach einem Bericht des Chronisten Johann Christoph Bekmann – das besonders schöne und edle Reitpferd des Markgrafen Philipp Wilhelm von Brandenburg-Schwedt. Bevor es dem Maler vorgeführt wurde, war es extra dafür warm geritten worden, damit die Adern deutlich hervortraten.

Schlüter erstellte nach mehreren Entwürfen ein mit Blattgold belegtes Gipsmodell des Reiterstandbildes, das zunächst zur Probe unter einem Schutzdach auf der Langen Brücke platziert wurde. Den Bronzeguss besorgte ab Oktober 1700 der in Paris ausgebildete Hof- und Artilleriegießer Johann Jakobi (1661-1726). Mehrere Mitglieder des Hofes, darunter auch der Kurfürst selbst, überzeugten sich bei Besuchen im eigens dafür vergrößerten Berliner Gießhaus vom Gelingen des außerordentlich schwierig herzustellenden Hohlgusses. Dabei wurden Reiter und Ross in einem Stück gegossen, eine technische Meisterleistung, die bis dato einzigartig in Brandenburg war. Das Ergebnis war so qualitätsvoll, dass es Jacobi in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts sogar mehr Anerkennung einbrachte als Schlüter. Der Auftraggeber Friedrich III. ließ dem Gießmeister neben dem zugesicherten Lohn von 1.000 Talern eine große, noch wertvollere goldene Kette mit seinem Bildnis übergeben.

Die Enthüllung des Denkmals fand 1703 statt. Allerdings fehlten zu diesem Zeitpunkt noch die seitlichen Reliefs, die Inschriftentafel sowie die vier Skulpturen an den Sockelecken, die erst 1709 angebracht wurden. Sie entstanden nach Schlüters Entwürfen und wurden von den Bildhauern Friedrich Gottlieb Herfert, Johann Samuel Nahl, Cornelius Heintzy und Johann Hermann Backer ausgeführt und ebenfalls von Jakobi in Bronze gegossen. Diese an ihren Ketten reißenden Figuren, allegorische Gestalten der Gestürzten, können als Referenz auf die 1686 enthüllte Statue des französischen Königs Ludwigs XIV. von Martin van den Bogaert, genannt Martin Desjardins (1637-1694), auf dem Place des Victoires verstanden werden. Hier symbolisieren die vier in Ketten liegenden Männerfiguren die von Frankreich im Niederländischen Krieg niedergeschlagenen Mächte, darunter auch Brandenburg. Am Schlüterschen Reiterdenkmal sah man 1707 wiederum in den Eckfiguren die durch den Großen Kurfürsten besiegten Feinde Schweden, Frankreich, das Osmanische Reich und Polen.

Der Denkmal-Entwurf und die Art der Platzierung in Richtung des Flusslaufs erinnern an die Aufstellung des 1618 von Pietro Tacca geschaffenen ersten Reiterstandbildes des französischen Königs Henri IV. auf dem Pont Neuf in Paris. Auch bei diesem während der Französischen Revolution zerstörten Monument flankierten ursprünglich vier Sklaven den Sockel.

Neben der antiken Reiterstatue des Marc Aurel in Rom mögen weitere Werke nördlich der Alpen als Anregung oder auch Ansporn für das anspruchsvolle Berliner Monument gedient haben: darunter die um 1633 gegossene Reiterstatue Karls I. von Hubert Le Sueur in London oder diejenige des dänischen Königs Christian V. von Abraham César Lamoureux, ursprünglich 1687/88 aus vergoldetem Blei hergestellt. An dem 1692 nach Entwürfen von François Girardon gegossenen Reiterstandbild Ludwigs XIV. auf der heutigen Place Vendôme in Paris war Johann Jakobi sogar selbst beteiligt.

Bei der Betrachtung des Berliner Denkmals darf der ursprüngliche Standort nicht außer Acht gelassen werden: Der durch die siegreiche Schlacht bei Fehrbellin (1675) zu Ruhm gelangte Kurfürst sitzt idealisiert gekleidet in antik-römischer Tracht, doch mit modisch-barocker Allongeperücke, auf dem Pferd und blickte zum Portal I des Schlosses, während sein rechter Arm mit dem Kommandostab der Stadt Berlin auf der anderen Seite zugewandt war. Hans-Ulrich Kessler stellte 2014 überzeugend Schlüters konzeptionelle Leistung heraus: Am Denkmal verschmelzen in den beiden Hauptansichten zwei scheinbar unvereinbare Temperamente des Herrschers - das ruhig-souveräne des Staatenlenkers (auf der linken, dem Schloss zugewandten Coellner Seite) und das kämpferisch-kraftvolle, vorwärtsdrängende (auf der rechten, Berliner Seite).1943 wurde das Standbild demontiert und per Schiff über die Spree und Havel nach Ketzin gebracht. Im Gegensatz zur Langen Brücke überstand es dort unbeschadet den Zweiten Weltkrieg. 1946 wurde der Lastkahn nach Berlin in den Tegeler See geschleppt, wo der Prahm im Winter 1947 sank. Nach der Bergung des Denkmals 1949 und anschließender Restaurierung erfolgte im August 1951 die Aufstellung im Ehrenhof des Charlottenburger Schlosses (ehemals Westberlin) zunächst auf einem provisorischen Sockel. Im Jahr darauf konnte es auf den neuen, mit Marmor verkleideten Sockel umgesetzt werden.

Silke Kiesant

Material/Technik

Bronze, gegossen

Maße

Figur: Reiter und Ross: Höhe: 401.00 cm Pferdekopf bis Schweif: Länge: 366.00 cm

Literatur

  • Andreas Schlüter und das barocke Berlin, hrsg. v. Hans-Ulrich Kessler, Ausstellung, Berlin, Staatliche Museen zu Berlin Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, 2014, München 2014. , S. 222-235
  • Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin. Schloss Charlottenburg, bearb. v. Margarete Kühn, 2 Bde., Berlin 1970. , S. 232f., Abb. 867, 868
  • Hinterkeuser, Guido: Die Bronzedenkmäler von Andreas Schlüter und Johann Jacobi zwischen Kostümfrage, internationalem Prestige und Künstlerruhm, in: Barocke Kunststückh. Festschrift für Christian Theuerkauff, hrsg. v. Regine Marth, München 2011. , S. 94-101
  • Klenner, Hans-Christian: Pferd und Reiter von Schmutz befreit. Auftakt zu den Feierlichkeiten zu 300 Jahre Charlottenburg, in: Porticus : Besuchermagazin, hrsg. v. der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, 2004, H. 3. , S. 20
  • Ladendorf, Heinz: Andreas Schlüter. Baumeister und Bildhauer des preußischen Barock. Mit einem Nachw. von Helmut Börsch-Supan, Leipzig 1997. , S. 22-32, Abb. S. 35-43
  • Scheffler, Karl: Das Denkmal des Großen Kurfürsten in Berlin von Andreas Schlüter. Ein Kunstbrief, 1900, URL: http://www.lexikus.de/bibliothek/Das-Denkmal-des-Grossen-Kurfuersten-in-Berlin-von-Andreas-Schlueter.
  • Seidel, Paul: Das Standbild des Großen Kurfürsten von Andreas Schlüter, in: Zeitschrift für Bauwesen, 43, Berlin 1893. , S. 57ff
  • Wirth, Irmgard: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin. Stadt und Bezirk Charlottenburg, Berlin 1961. , S. 485-490
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Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

Objekt aus: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg

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