Potsdam, Kreisgericht,10.30 Uhr
Mittlerweile hatte sich Unteroffizier Brinkmann vor dem Richterpodium aufgebaut. Ihm war der Auftritt seines Kameraden sichtlich peinlich. Noch peinlicher war ihm jedoch, öffentlich als Freund dieses Dettmann bezeichnet worden zu sein, der er nun wirklich nicht war, jedenfalls jetzt nicht mehr. Daß Dettmann ein ausgesprochen schlichtes Gemüt hatte, wußte er schon seit ihrer ersten Begegnung, aber wie schlicht, das begriff er in vollem Umfang erst in dem Moment, als er vor die Untersuchungskommission des Kreisgerichts geladen wurde. Er kann es noch immer nicht fassen, daß Dettmann die kleine Unterhaltung an dem bewußten Abend zum Anlaß nahm, gerichtlich gegen den Schischkoff vorzugehen und ihn, Brinkmann, als Zeugen zu benennen.
Die Angelegenheit machte in Windeseile die Runde und seitdem waren sie das Gespött des gesamten Regiments. Nicht nur ihre eigenen Kameraden, nein, auch ihre vorgesetzten Offiziere machten seitdem immer wieder Zoten und hatten ihren Spaß dabei. Neulich erst rief ein junger Leutnant auf dem Paradeplatz nach den Unteroffizieren Dett und Brink und der Dettmann war wirklich so blöde und lief vor aller Augen da hin und beschwerte sich beim Herrn Leutnant, daß sie doch Dettmann und Brinkmann hießen, worauf der Leutnant erwiderte: „Quatsch, Dett! Sie sind genauso wenig ein Mann wie dieser Brink, und daß Sie hier stehen, beweist mir nur, daß ich recht habe, und nun weggetreten!“ Das Gelächter der Umstehenden erscholl über den gesamten Paradeplatz. Und da ist dieser Dettmann weggetreten und fing doch tatsächlich fast an zu heulen. Wenn Brinkmann nur daran dachte, wie er stets und ständig mit Dettmann in einem Atemzug genannt wurde, könnte er platzen vor Wut. Im Speisesaal der Unteroffiziere, auf dem Schießstand, in den Unterkünften und Stallungen, überall steckte man hinter ihren Rücken die Köpfe zusammen, hörte man ein Tuscheln und wieherndes Lachen. Ganz offen tänzelte man vor ihnen auf und ab, warf ihnen Handküsse zu und sprach sogar schon von einer baldigen Regimentshochzeit.
Es war widerlich. Schlimmer noch aber war die Tatsache, daß die einfachen Soldaten davon Wind bekamen. Die Burschen hatten seither keinen Respekt mehr (...).
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