Der weiß gefasst und teilweise vergoldete Armlehnstuhl mit grünem Damastbezug folgt im Gegensatz zu den Stühlen des Zimmers - zu denen sie auch keine formale und dekorative Verbindung besitzen - lediglich in allgemeinen Gestalt friderizianischen Sitzmöbeln. Besonders deutlich auf ihre Entstehung um 1860 verweisen die trocken geschnitzten naturalistischen Akanthusblüten an den Beinen, die dort Rocailles und Kartuschen ersetzen, darüber hinaus die merkwürdig stummelhaft ausgebildeten und fleischig eingerollten Armlehnen, die so an Modellen des mittleren 18. Jahrhunderts nicht vorkommen und die mit relativ grob aufgefassten Dekorelementen besetzt sind. Auch die fast überreich verzierten Rahmen der Rückenlehnen mit ihren großen Akanthusblüten und den vielen kleinen Blumen gehören stilistisch dem Ornamentschatz eines mit Naturalismen durchsetzten Neorokoko an. Insofern manifestiert sich hier - ähnlich wie bei den Sitzmöbeln der beiden Salonzimmer des Orangerieschlosses - ein Reichtum in der Ausarbeitung, der die Möbel formal zwar mit dem friderizianischen Rokoko konkurrieren lässt, zugleich aber ganz eigene Stilmerkmale ausbildet. Das Möbel ist in Potsdam Sanssouci, Orangerieschloss zu besichtigen.
Jörg Meiner / Henriette Graf
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