Der Armlehnsessel gehört mit einem Pendant und einem Kanapee zu einem Ensemble, das der aus Bayern stammende Anton Hiltl im Jahr 1844 auf der Deutschen Gewerbeausstellung im Berliner Zeughaus zeigte. Wie viele andere Möbel der Ausstellung kaufte König Friedrich Wilhelm IV. die Stücke, gab sie jedoch zunächst in die "Meubles Kammer". Das repräsentative Erscheinungsbild und der ikonographische Bezug zu Schloss Sanssouci (die Porzellanplakette an der Rücklehne zeigt Schloss Sanssouci) mögen den Ausschlag gegeben haben, die Möbel 1855 dann für die Ausstattung einer fürstlichen Wohnung heranzuziehen. Ihren Platz fanden sie im Schlafzimmer des Prinzen Friedrich Karl und seiner Gemahlin im Marmorpalais in Potsdam. Gegenüber den weitaus leichteren, in gefälligeren Neorokokoformen gehaltenen Palisandermöbeln, die die Wohnung des Prinzen im Marmorpalais sonst prägten, wirken Hiltls Kanapee und Fauteuils behäbig und schwer. Insofern verwundert auch die Darstellung des Berichterstatters der Ausstellung 1844, die Möbel seien "nach dem Styl aus der Zeit Friedrichs des Großen" gearbeitet. Vielmehr verarbeiten die Stücke schwere neobarocke Formen, die sich in den 1840er Jahren bei Möbeln mit Schnitzwerk großer Beliebtheit erfreuten und an vielen weiteren Fauteuils, Tischen oder Ziermöbeln dieser Zeit anzutreffen sind.
Ihrem Charakter nach sind die Möbel Hiltls typische Ausstellungsstücke, die mit einer reichen und auffälligen Gestalt das Interesse des Publikums auf sich ziehen und einen spektakulären Ankauf - wie hier geschehen - zur Folge haben sollten. Insofern stehen sie, was die Verbindung von schwerem, geschnitztem Dekor, der Einbindung vergoldeter Bronzereliefs und bemalter Porzellantafeln anbetrifft, isoliert unter anderen für das Königshaus in dieser Zeit erworbenen Arbeiten.
Jörg Meiner / Henriette Graf
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