Der Armlehnstuhl aus Nussbaumholz war in der Bibliothek in Schloss Babelsberg in Potsdam aufgestellt. Seine Bekrönung aus einem Schild mit dem preußischen Wappen aus Bernsteinplättchen sowie sein roter Damastbezug sind verloren. Gestalterisch ist es ein typisches Möbel des 19. Jahrhunderts, dessen Formenvokabular aus unterschiedlichen Quellen schöpft und die Elemente neu kombiniert. Die Zusammensetzung aus barockisierenden und renaissanceartigen Versatzstücken, die um des Effekts willen einer formalen Steigerung unterzogen werden, ruft den Eindruck eines Möbels hervor, das als anschauliches Beispiel der Leistungsfähigkeit des ausführenden Bildschnitzers dienen sollte. Insofern ist es durchaus möglich, dass es sich - wie bei den beiden ebenfalls um den zentralen Tisch der Babelsberger Bibliothek gruppierten gotisierenden Armlehnstühlen - um ein Meisterstück eines bisher unbekannten Schnitzers handelt. Vielleicht wurde der Armlehnstuhl König Wilhelm I. angeboten und er kaufte ihn zur Gewerbeförderung, wie das bei Meisterstücken im 19. Jahrhundert häufig der Fall war. Da das große bekrönende Wappen des Armlehnstuhls aus reliefierten Bernsteinstücken bestand, könnte das Möbel in Ostpreußen entstanden sein oder zumindest an die ostpreußischen Besitzungen der Hohenzollern erninnern.
Jörg Meiner / Henriette Graf
de